Mit der MS Astor nach Schottland, Island, Grönland und Kanada

Bald geht es los

Noch eine knappe Woche und es heißt wieder: „Leinen los“. Vom 25.07.2013 bis 09.09.2013 werden wir unterwegs sein.
Die Reise wird 47 Tage dauern.

Der Veranstalter Transocean beschreibt die Reise wie folgt:
Es ist eine Reise, auf die man sich monatelang freut und an die man sich ein Leben lang erinnert. Fast 50 Tage, angefüllt mit unvergesslichen Momenten und überwältigenden Ausblicken, atemberaubender Natur und Weltmetropolen. Winken Sie zu Beginn den rund 80.000 Schafen auf den Faröer Inseln zu und geraten Sie ins Staunen, wenn einer der Geysire in Island eine bis zu 20 Meter hohe Fontäne aus Wasser und Dampf in den Himmel ausstößt. Als „tierisches“ Kontrastprogramm begrüßt Sie in den Gewässern Grönlands der eine oder andere Meeressäuger. Halten Sie nach Buckel- und Schwertwalen Ausschau! Durch die Stille der Arktis gleiten Sie durch den Labradorstrom nach Neufundland und weiter nach Kanada. Die Metropolen Montréal und Québec wärmen Ihr Herz mit Jazzklängen und ihren spürbar französischen Einflüssen. Wir umrunden die Gaspé-Halbinsel, besuchen die Magdalenen-Inseln und erreichen die kanadische Provinz Neu-Schottland, wo von Halifax aus die Hummerfänger auslaufen. Genießen Sie das große Finale dieser Reise bei einem Pint Guiness in einem typisch irischen Pub, und lernen Sie ein paar Worte Gälisch.

Die geplante Route

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Weitere Details über die geplante Route finden Sie hier.

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Über Schottland und Färöer (Føroyar) nach Island

1. Tag Donnerstag, 25.07.2013 – Bremerhaven

Es ist 2:00 Uhr nachts und der Wecker klingelt und das ist so gewollt, denn wir haben den Wecker bewusst so gestellt. Wir stehen auf, Frühstücken, soweit einem das zu dieser unchristlichen Uhrzeit überhaupt möglich ist und verstauen die letzten Sachen in die Koffer. Von der letzten großen Reise wollten wir die Erfahrung umsetzen, dass man gar nicht so viel Gepäck braucht. Deshalb haben wir nun anstatt 2 große und 2 kleine Koffer, die damals kaum noch zugingen, umgestellt auf einen ganz großen, einen großen und 2 kleine Koffer, die sich auch ganz gut und ohne groß zu drücken und zu quetschen schließen ließen. Das Gesamtgewicht von knapp 80 Kilogramm ist hingegen damals wie heute ziemlich konstant geblieben. Unser Gepäck- und Packkonzept zeigt also erstaunliche Parallelen zu den Sparkonzepten der Bundesregierung, aber ich glaube ich schweife gerade etwas ab.
Um halb vier (es ist immer noch Nacht) kommt das Taxi und fährt uns zum Flughafen, denn hier nimmt uns der Bus auf, der aus Mannheim kommend, uns zum Kreuzfahrt-Terminal  “Columbus Kaje“ in Bremerhaven bringen soll.
Bremerhaven liegt genau nördlich von Frankfurt, aber was macht unser Bus? Er fährt auf die A3 in Richtung Westen. Ich befürchte schon, dass wir nicht mit dem Schiff, sondern mit dem Bus nach Grönland fahren werden, aber so extrem wurde es dann doch nicht. Wir starten lediglich zu einer kleinen Deutschlandtournee, um in Bonn, Köln, Düsseldorf, Essen und Dortmund gleichgesinnte Kreuzfahrer aufzunehmen.

Kreuzfahrt Terminal Columbus Caje in Bremerhaven. Gleich geht's aufs Schiff!

Kreuzfahrt Terminal Columbus Caje in Bremerhaven.
Gleich geht’s aufs Schiff!

Am Autohof Vechta legen wir eine Mittagspause ein und erreichen schließlich um 15:00 Uhr Bremerhaven, wo wir nach problemlosen und raschen Einchecken auf der MS ASTOR unsere Kabine beziehen.
Als ersten Programmpunkt erwartet uns ein kleiner Imbiss, damit wir so gestärkt um 16:30 die obligatorische Seenotrettungsübung absolvieren können.
Um 17:30 sollte es heißen, „Leinen los“, aber die Pier stand noch voller Paletten mit Proviant und sonstigen Dingen, die noch an Bord gebracht werden müssen, so dass die Abfahrt auf 19:30 Uhr verschoben wird. So müssen unter anderem noch ca. 100 Fässer Bier gebunkert werden, weshalb ich mit der Verspätung voll einverstanden bin.
Um 20:00 Uhr verlassen wir schließlich Bremerhaven mit dem Ziel Kirkwall auf den Orkney-Inseln, die zu Schottland gehören. Ich rechne nach. Hätte man die Verspätung gleich mit eingeplant hätten, hätte es genügt, statt um zwei “erst“ um halb fünf aufstehen müssen. Wären wir statt mit dem Bus mit dem Zug nach Bremerhaven gefahren, hätten wir sogar bis halb zehn schlafen können.

Bevor nicht alle Grundnahrungsmittel an Bord waren, konnte die Reise nicht losgehen.

Bevor nicht alle Grundnahrungsmittel an Bord waren, konnte die Reise nicht losgehen.

2. Tag Freitag, 26.07.2013 – Auf See

Wir stehen um 7:30 Uhr auf und mein Tag beginnt mit einer mittleren Katastrophe. Der Scherkopf meines Rasierapparats fällt ohne Vorwarnung auseinander. Ausgerechnet heute, wo doch Kapitänsempfang und Gala angekündigt wurde. Der aufmerksame Leser meines Blocks „Mit dem Schiff einmal rund um die Nordhalbkugel“ wird zu Recht einwenden, dass ich und Doris doch sowieso solche Veranstaltungen immer schwänzen. Derartigen Kritikern schmettere ich entgegen: „Wenn ich schon nicht zum Kapitänsempfang gehe, dann wenigsten ordentlich rasiert.“. Ich versuche also die auseinandergefallenen Teile wieder zusammenzustecken, was auch irgendwie gelingt. Wenn man jetzt beim Rasieren nicht allzu heftige Bewegungen vollführt, dann könnte er noch eine Weile halten. Mal sehen, ob ich am Montag oder Dienstag in Island Zeit haben werde (wir haben allerdings Ausflüge gebucht), um einen Elektroladen zu finden, der Scherköpfe für Braun Rasierapparate führt.
Nach dem Frühstück, während ich die ersten Zeilen dieses Blogs schreibe, geht Doris zur Rezeption, um die Bordkarten, die wir beim Einchecken bekommen haben, zu reklamieren. Die Bordkarten sehen aus wie Scheck- oder Kreditkarten und werden gescannt, wenn man das Schiff verlässt bzw. wieder betritt. So weiß der Schiffscomputer, Peter ist an Bord oder Peter ist nicht an Bord. Des Weiteren dient diese Karte bei Landgängen den Behörden gegenüber als Identitätskarte. Zu diesem Behufe ist auf der Karte, Name, Nachname, Geburtsdatum, Nummer des Reisepasses, Reisedatum, Name des Schiffs, Kabinennummer etc. nicht nur auf dem Magnetstreifen gespeichert, sondern auch auf der Vorderseite aufgedruckt. Und hier liegt der Fehler bei unseren Karten. Bei Doris fehlen das Geburtsdatum und die Reisepassnummer. Die Geheimhaltung des Geburtsdatums mag zwar eitlen Damen gefallen, kommt aber bei Behörden nicht immer gut an. Und durch die fehlende Reisepassnummer wäre Doris an Land sowieso ein Niemand ohne Idendität.
Bei Peter sind die Angaben komplett, aber das Geburtsdatum ist mit 5.10.2005 angegeben. Er ist also laut dieser Karte gerade mal 7 Jahre alt. Er befürchtet deshalb, an Land ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten Schwierigkeiten zu bekommen. Auch wäre der Reisepreis, den er für diese Reise bezahlt hat, viel zu hoch, denn Kinder unter 10 Jahren reisen bei Unterbringung in der Kabine eines Erwachsenen nämlich kostenlos.
Doris kommt mit neuen und korrekten Bordkarten zurück, macht aber einen ziemlich gestressten Eindruck. An der Rezeption muss sich in etwa folgender Dialog abgespielt haben.
Doris: „Guten Tag, unsere Bordkarten enthalten fehlerhafte Angaben, kann ich bitte neue erhalten?“
Die Dame an der Rezeption: „So eine Bordkarte neu zu drucken dauert nur 30 Sekunden.“
Doris: „Gut.“.
Dame: „Aber heute ist doch Seetag, da brauchen sie die Karten doch gar nicht.“
Doris: „Ich hätte trotzdem gerne neue Karten.“
Dame: „ Kein Problem dauert nur 30 Sekunden pro Karte.“
Doris (freundlich aufmunternd): „Na dann mal los.“
Dame: „Aber was da draufsteht ist eigentlich gar nicht so wichtig.“
Doris: „Ich hätte trotzdem gerne neue Karten.“
Dame (leicht pikiert). „Wenn Sie also unbedingt wollen…“

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Servicewüste Deutschland kann man hierzu gar nicht mehr sagen, schließlich befinden wir uns mittlerweile in internationalen Gewässern. Aber vielleicht hat bei diesem Dialog auch Loriot vom Himmel aus Regie geführt.

Um 10:00 Uhr werden die Ausflüge, die man in Island buchen kann vorgestellt.
Anschließend präsentieren die Lektoren, Kursleiter etc. an kleinen Infoständen, was es alles für Möglichkeiten während der Reise geben wird. So defilieren wir an folgenden Ständen vorbei:

–       Lektoren, die über die Reiseziele referieren

–       Bordpfarrer (evangelisch)

–       Kursleiterin Bridge

–       Kommunikationstrainer

–       Kursleiter Digitalfotographie

–       Kursleiter Tai Chi

–       Standard Animation (Gymnastik, Walking etc.)

–       Malkurs

Der Rest des Tages verläuft unspektakulär. Der Empfang wird wieder geschwänzt. Zum Erscheinen beim Galadinner wird man auch nicht genötigt, denn im sogenannten Überseerestaurant gibt es mittags und auch abends warmes und kaltes Buffet. Das war auf unserer letzten Reise auf der MS AMADEA etwas anders, denn dort wurden abends die Mahlzeiten in beiden vorhandenen Restaurants serviert und nur am Mittag gab es in dem einen ein Buffet. Damals hieß die Alternative, sich vom Roomservice ein Schnitzel auf die Kabine bringen zu lassen.

3. Tag Samstag, 27.07.2013 – Kirkwall/Orkneys/Schottland

Die Orkneys (englisch: Orkney Islands) sind eine Inselgruppe, die nördlich von Schottland liegt und auch zu Schottland gehört. Um 7:00 Uhr legen wir Kirkwall an. Kirkwall ist die Hauptstadt der Orkneys, liegt auf der Hauptinsel Mainland und hat circa 7000 Einwohner. Mainland selbst hat eine Fläche von knapp 500 m2.
Um 8:00 Uhr beginnt der Ausflug, der etwas irreführend mit “Panoramafahrt durch Orkney“ bezeichnet wurde, denn er soll lediglich über Mainland führen und nicht über alle 21 bewohnte Inseln und schon gar nicht über die anderen 80 unbewohnten Eilande. Egal, wir haben diesen Ausflug gerne gebucht und haben im Bus Platz genommen und los geht’s. Die Insel ist wirklich wunderschön. In der weitläufigen hügeligen grünen Landschaft wird hauptsächlich Schaf- und Rinderzucht betrieben, und auch etwas Ackerbau. Bäume gibt es kaum, denn die heftigen Herbst- und Winterstürme lassen keinen Baumbewuchs zu. Davon ist aber heute nichts zu spüren, wir haben (für hiesige Verhältnisse) herrlichstes Wetter. Zu den Rindern und Schafen auf den riesigen Weiden gesellen sich viele Vögel und der Begriff von den glücklichen Kühen drängt sich unwillkürlich auf. In diese Landschaft eingebettetsind immer wieder kleinere und mittlegroße Süßwasserseen, den Lochs, wie sie hier genannt werden. Aber auch Berge mit Höhen bis zu knapp 500 Metern verhindern, dass das Panorama für das Auge langweilig wird.
Die Fahrt führt an der Bucht Scapa Flow vorbei, die sowohl im ersten als auch zweiten Weltkrieg Schauplatz kriegerischer historischer Ereignisse mit deutscher Beteiligung war. “Berühmt“ wurde Scapa Flow insbesondere durch die Selbstversenkung der gesamten deutschen Kriegsflotte, was auf Geheiß von Konteradmiral Ludwig von Reuter am 21.Juni 1919 während der Friedensverhandlungen von Versailles geschah. Die Flotte sollte dem Feind nicht übereignet werden.
Die versunkenen Wracks wurden später durch einen schottischen Geschäftsmann gehoben und zerlegt. Der Stahl wurde auf dem Weltmarkt verkauft. Ironie des Schicksals war, dass dieser Stahl in der Hauptsache von Deutschland aufgekauft wurde, um damit Kriegsschiffe zu bauen, die im zweiten Weltkrieg zum Einsatz kamen.
Die Erklärungen zur Vergangenheit und Gegenwart der Orkneys kommen von einem Deutschen, genauer einem Berliner, der vor drei Jahrzehnten auf der Insel hängengeblieben ist und für diese Tour die Aufgabe des Fremdenführers innehat.
Es gibt natürlich auch Fotostopps, aber eigentlich viel zu wenige. Das ist halt der Preis für eine Busfahrt mit 50 weiteren Reisegenossen. Bis die alle aus dem Bus ein- und wieder ausgestiegen sind, dass dauert seine Zeit und Zeit ist bei einem Halbtagesausflug wie diesem nun mal knapp. Solche Gegenden kann man eigentlich nur selbst mit dem PKW oder Wohnmobil richtig erkunden, wobei es optimal wäre, einen örtlichen Guide mit von der Partie zu haben. Aber entweder macht man eine Kreuzfahrt oder eine Autotour, beides gleichzeitig geht halt nicht.
Ein kulturhistorischer Höhepunkt auf den Orkneys ist der 5000 Jahre alte Steinkreis “Standing Stones of Stennes“. Dieser ist zwar nicht ganz so groß wie sein berühmter Bruder, der Steinkreis Stonehenge bei Salisbury in England, aber seine geheimnisvolle Faszination ist ähnlich. Hier gibt es einen sehr großzügigen Fotostopp von mehr als 30 Minuten.
Den Abschluss der Fahrt bildet eine Tea-Time mit Tee, Kaffee und Kuchen in einem kleinen Hotel und einem genauso kleinen Ort. Anschließend geht es schnurstracks zurück aufs Schiff, wo wir 15 Minuten nach dem letzten Bissen des furchtbar süßen Kuchens gegen 12:30 Uhr ankommen und nahtlos mit dem Mittagessen weitermachen können.
Um14:00 Uhr legt das Schiff ab und nimmt Kurs auf Tórshavn, der Hauptstad der Färöer-Inseln.

Am Nachmittag geht Doris zum Bridge-Kurs und ich schreibe weiter am Blog. Um 18:00 beginnen wir mit dem sportlichen Teil des Tages. Haben wir uns gestern noch mit einigen Runden Fußmarsch rund ums Außenpromenadendeck, drei Schwimmzügen im Hallenbad und einem Saunagang begnügt, geht es heute ins Fitnessstudio, um eine gute halbe Stunde auf dem Ergometer zu strampeln. Anschließend wird noch etwas geschwommen und gesaunt. In Deutschland mag man denken, dass nur Bekloppte bei der Hitze in die Sauna gehen, aber hier oben im Norden gibt es keine Hitze. Mit Müh und Not wird manchmal an der 20 Grad-Marke gekratzt.
Morgen in Tórshavn stehen die Chancen gut, dass wir ins Internet kommen. Wir haben keine Ausflüge gebucht, liegen bis 17:00 Uhr auf Reede und im Tagesprogramm für morgen steht geschrieben, dass es in der Torgöta (Straße des Thor) kostenloses WLAN gibt. Vielleicht gelingt es mir ja, die Berichte der ersten drei Tage ins Netz zu schießen.

Orkneys - Landschaft pur.

Orkneys – Landschaft pur.

Schroffe Klippen in der Bucht Scapa Flow.

Schroffe Klippen in der Bucht Scapa Flow.

Steinkreise - Standing Stones of Stennes

Steinkreise – Standing Stones of Stennes

Turbine für ein Gezeitenkraftwerk (im Vordergrund Doris)

Turbine für ein Gezeitenkraftwerk (im Vordergrund Doris)

Wir grüßen die Daheimgebliebenen.

Wir grüßen die Daheimgebliebenen.

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4. Tag Sonntag 28.7.2013 – Torshavn/Färöer-Inseln

Um 6:00 in der frühe fallen wir aus dem Bett, weil das Schiff, vor Torshavn liegend, den Anker wirft. Wir dürfen heute nicht an die Pier, weil in Torshavn der 3 tägige Nationalfeiertag, der St. Olavs Tag, zelebriert wird. Das ist der höchste Feiertag im Land, da sind alle Insulaner auf den Beinen um zu feiern und das Kreuzfahrtterminal ist deshalb geschlossen.
Die Färöer Inseln gehören politisch zu Dänemark, sind aber ansonsten weitgehend autonom. Sie haben eine eigene Währung, die aber 1:1 an die dänische Krone gekoppelt ist.
Im Fußball haben sie einen Sonderstatus, sie sind wie England, Schottland, Wales und Nordirland trotz fehlender staatlicher Souveränität Mitglied der UEFA und nehmen regelmäßig an den Qualifikationen zur Fußball-Europameisterschaft und zur Fußball-Weltmeisterschaft teil. Bei der Qualifikation zur Europameisterschaft 2004 tat sich die deutsche Nationalmannschaft unter dem Teamchef Rudi Völler gegen die Färöer Mannschaft recht schwer. In Torshavn stand es nach 89 Minuten noch 0:0. Die deute Mannschaft gewann dann schließlich doch noch 2:0.

Um 10:00 Uhr fuhren wir mit dem Tenderboot an Land, aber statt eines brodelnden Volksfestes, war überall tote Hose. Die Buden und Zelte waren alle geschlossen und die Straßen waren Menschenleer.
Deshalb machten wir und gleichauf die Suche nach dem “Hotel Torshavn“, wo es ja WLAN geben sollte. An der Rezeption des Hotels war man sehr freundlich und gab uns gleich einen Zettel mit dem Zugangscode zu deren WLAN-Netz, sodass ich den ersten Teil meines Reiseberichts ins Internet hochladen konnte. Da das Anmeldeverfahren an das WLAN nicht ganz einfach war, hatten einige andere Gäste vom Schiff, die ebenfalls mit ihren Smartphones und Tablets ins Internet wollten, Schwierigkeiten und baten mich um Hilfe, so dass ich meine frühere Tätigkeit als IT-Berater wieder aufnehmen konnte.
Der Internetbesuch verschlang doch wieder einige Zeit und inzwischen  war die Stadt langsam aufgewacht die Straßen füllen sich allmählich. Es gibt in der Hauptsache 3 verschiedene Arten, wie sich die Menschen an diesem höchsten Feiertag kleiden:

–       Die traditionelle Trachtenkleidung, die von Insel zu Insel sehr unterschiedlich sein kann.

–       Der “feine Zwirn“, also der guten Anzug und das schöne Kleid.

–       Das Mannschaftssportdress, denn das wichtigste Ereignis sollten die nationalen Meisterschaften im Mannschaftsrudern am Nachmittag sein.

Wir tenderten aber erst mal zurück zum Schiff zum Mittagessen und anschließend gleich wieder zurück an Land. Und da war jetzt der Teufel los. Die Straßen und Plätze waren schwarz vor Menschen. Fast alle haben als Ziel das Hafengelände, wo ab 15:00 Uhr die Regatten stattfinden. Die Ruderboote waren nicht zu vergleichen mit den leichten, schlanken High-Tech-Booten, mit denen zum Beispiel bei Olympia die Wettbewerbe ausgetragen werden. Es handelt sich hier um schwere klobige Holzboote, wie sie früher wohl auch zum Fisch- und Walfang verwendet wurden. Zu dieser Regatta wollen alle hin, während an den Buden, Ständen und Zelten noch gähnende Leere herrscht. Lediglich vor den Geldautomaten bilden sich riesige lange Schlangen. Wir nehmen an, dass erst nach den Rennen in den Straßen richtig gefeiert wird, aber wir müssen zurück aufs Schiff, das wir ja auf keinen Fall verpassen wollen.
So kommen wir noch in den Genuss der zweiten Halbzeit des Endspiels um die Frauen-Europameisterschaft und gratulieren den deutschen Damen von dieser Stelle aus zu ihrem Sieg. Wären wir nicht auf dem Schiff und so weit weg von Deutschland, wären Doris und ich sicherlich morgen nach Frankfurt auf den Römer gefahren, um die Mannschaft zu empfangen. So aber heißt es wieder mal, “Leinen los“, diesmal mit dem Ziel Hafnafjordur in Island, dass wir übermorgen erreichen werden. Den Abend lasen wir im Captains Club, einer der Bars auf dem Schiff bei einer Partie Scrabble ausklingen.

Alle wollen zu den Regatten.

Alle wollen zu den Regatten.

Mädchenteam zu Lande...

Mädchenteam zu Lande…

... und im Wasser.

… und im Wasser.

Stolz präsentiert sich diese Familie in ihrer Tracht.

Stolz präsentiert sich diese Familie in ihrer Tracht.

Schlange Stehen zum Geld fassen.

Schlange Stehen zum Geld fassen.

5. Tag Montag 29.7.2013 – Auf See

Der heutige Seetag verläuft unspektakulär. Ich glaube nicht, dass es die Weltöffentlich interessiert, dass wir nach dem Frühstück im Fitnessraum waren und ich auf dem Ergometer geradelt bin, bei einem Tretwiderstand von 92, was eine Pulsfrequenz von ca. 100 Schlägen pro Minute zur Folge hat.
Der Schiffsalltag unterscheidet sich nicht wesentlich von dem auf der MS AMADEA und diesen habe ich ja in meinem letzten Blog “Mit dem Schiff einmal rund um die Nordhalbkugel“ ausführlich beschrieben. Wir fühlen uns auf alle Fälle sauwohl und langweilen uns kein bisschen.
Das Wetter ist so, wie man es im Nordatlantik um diese Zeit erwartet. Es ist leicht neblig bei einer Tagestemperatur um die 12 Grad und windig, aber nicht sehr, denn das Schiff schaukelt nur ganz ganz wenig.

6. Tag Dienstag 30.7.2013 – Hafnarfjordur/Island

Um 6:00 früh werden wir wieder durch Schiffsgeräusche geweckt. Diesmal ist es nicht der Anker, sondern das Bugstrahlruder, mit dessen Hilfe der Kapitän an der Pier von Hafnarfjordur  festmacht. Hafnarfjordur ist eine Hafenstadt mit etwa 24.000 Einwohnern, die ganz in der Nähe der isländischen Hauptstadt Reykjavík (117.000 Einwohner) liegt. Zu sehen gibt es hier eigentlich nichts. Wir vermuten, dass es für das Schiff billiger ist, hier anzulegen statt in Reykjavík selbst.
Reykjavik war am 30.9.2003 Ort des denkwürdigen Interviews von Rudi Völler nach einem blamablen 0:0 gegen Island in der Qualifikation zur EM 2004. Unser Rudi flippte aus und beschimpfte Netzer, Dellinger und auch Waldi Hartmann, weil diese von einem Tiefpunkt der deutschen Nationalmannschaft gesprochen hatten. Aber ich schweife wieder mal ab.

Zurück zur Sache. Es gibt viele Sehenswürdigkeiten, die man von Hafnarfjordur bzw. Reykjavík aus gut erreichen kann und ein absolutes Muss für jeden Touristen sind:

  • Gullfoss -Wasserfall
  • Geothermalgebiet in Haukadalur mit seinen Geysiren
  • Die “Perle“ in Reykjavik, riesige Heißwassertanks, über die eine Glaskuppel gebaut ist, in die ein Restaurant und ein Museum untergebracht ist. Die Perle ist ein beliebter Aussichtspunkt.
  • Die “Blaue Lagune“, ein Thermal-Natur-Freibad, dessen Wasser durch die Abwärme eine geothermischen Kraftwerks auf 39 Grad erwärmt wird
  • Thingstätte – historischer Versammlungsort und geologische Bruchstelle der amerikanischen und eurasischen Kontinentalplatten, die hier auseinander triften.

All diese Sehenswürdigkeiten haben wir bereits auf früheren Reisen “abgehakt“. Deshalb wollen wir heute früh zu Fuß ins Zentrum von Hafnarfjordur, das etwa 1,5 Kilometer von unserem Liegeplatz entfernt liegt. Unser Vorhaben wird jedoch jäh von einem isländischen Mitarbeiter der Hafen-Security in einer knallgelben Warnweste gestoppt, der und sehr freundlich, aber bestimmt klar macht, dass man durch den Hafen nicht zu Fuß gehen soll, sondern den Shuttlebus nutzen muss, der alle Stunde fährt. Zwar ist in dem kleinen Hafen absolut nicht allzu viel los, sicher ein paar Gabelstapler und einige LKWs, die zwei andere Kreuzfahrschiffe beladen, aber keine unübersichtlichen Verladearbeiten mit fahrenden Kränen oder ähnliches. Aber da der Shuttlebus gerade ankommt, hat sich der Fall eh erledigt.
Das Zentrum, wo und der Shuttlebus raus lässt ist schnell erkundet, wir waren auch hier schon mal vor zwei Jahren. In der Tourist-Information steht ein PC mit Internetanschluss, sodass wir unsere Mails abrufen. Für den Blog habe ich allerdings noch keinen neuen fertigen Stoff, sodass wir hier sehr schnell fertig sind. Hier in der Tourist-Information muss ich auch lernen, dass in ganz Hafnarfjordur kein Elektrogeschäft gibt, sondern nur in Reykjavík. Ich muss mich also weiterhin mit einem lädierten Rasierapparat begnügen.
Der nächste Shuttlebus zurück fährt erst in einer dreiviertel Stunde und so beschließen wir, an der Uferpromenade zurück zum Hafen zugehen und versuchen, trotz Verbots zu unserem Schiff zu gelangen. In den Hafen selbst zu kommen ist kein Problem, weil in dem Bereich, in dem Fußgänger erlaubt sind, zwei französische Kreuzfahrtschiffe liegen. Danach beginnt die etwa 150 Meter lange “verbotene“ Zone. Wir dringen mutig dort ein und wer kommt uns entgegen? Der uns wohlbekannte isländische Sicherheitsmann, diesmal ohne seine gelbe Warnweste und aber auf einem Fahrrad. Er hat Feierabend und winkt uns fröhlich zu, als er an uns vorbei fährt. Wir erreichen also ohne Probleme oder dass man uns verhaftet unser Schiff und stärken uns beim Mittagessen für unser nächstes Abenteuer. Eine Jeep-Tour, die im Ausflugskatalog wie folgt beschreiben wird:
…Die Superjeeps sind für extreme Bedingungen gebaut und das Resultat  Jahrzehnte langer Entwicklungsarbeit und herumexperimentieren begabter Tüftler, von denen es in Island reichlich gibt. Jedes Fahrzeug ist individuell von Hand umgebaut und mit bis zu drei verschiedenen getrieben, zwei separaten Lenksystemen, rundum einstellbarer Luftfederung und verschränkungsfähigem Fahrwerk ausgestattet. Es verfügt ferner über einen bis zu 7,3-Liter-Motor mit Turbolader…. Und natürlich die größten Reifen, die es zu kaufen gibt.

Leider liegt bei dieser Tour nicht Natur und Landschaft im Vordergrund, sondern das Fahren mit dem Geländewagen an sich. Sicher macht es Spaß offroad über Stock und Stein Berg hoch, Berg runter  und durch Bäche zu fahren (bzw. sich fahren zu lassen), aber ein bisschen mehr “Island, abseits der normalen touristischen Pfaden“ wäre uns lieber gewesen. Aber das, was wir gesehen haben war schon toll. Riesige, von Moosen überwucherte grüne Lavafelder, schroffe Berglandschaften, Weiden mit Schafen und natürlich mit den isländischen Pferden. Wir bekamen auch interessante Informationen über die Energiegewinnung mittels geothermischer Kraftwerke, also die Methode aus der Erdwärme Strom zu erzeugen und warmes Wasser aufzubereiten, das zum Heizen und als Brauchwasser verwendet wird.
Wir fahren mit 3 XXL-Jeeps, jeder mit einem Fahrer und 8 Touristen besetzt. Die örtliche Reiseleiterin, die mit im ersten Jeep sitzt, gibt ihre Erklärungen über Funk ab, der einwandfrei in den anderen Fahrzeugen empfangen werden kann.
Nach knapp vier Stunden sind wir wieder am Schiff und schon bald legen wir ab, um zum Norden der Insel Island zu fahren.

Warntafel in der Tourist-Info.

Warntafel in der Tourist-Info.

Doris am Mail checken.

Doris am Mail checken.

Super-Jeep und Super-Touristen.

Super-Jeep und Super-Touristen.

Technik gegen Natur.

Technik gegen Natur.

Dampfpipelines. (Aufgenommen durchs Jeepfenster)

Dampfpipelines. (Aufgenommen durchs Jeepfenster)

Dampfpipelines. (Aufgenommen durchs Jeepfenster)

Dampfpipelines. (Aufgenommen durchs Jeepfenster)

7. Tag Mittwoch 31.7.2013 – Isafjordur/Island

Um 6.00 Uhr früh wecken uns wieder die Bugstrahler des Schiffes. Wir legen in Isafjordur an. Isafjordur bedeutet “Eisfjord“ und ist eine kleine Hafenstadt mit weniger als 3000 Einwohner und ist, man höre und staune das Wirtschafts- und Verwaltungszentrum der sogenannten Westfjorde (ca. 9500 km2), dem nordwestliche Zipfel von Island.
Der Nordwesten von Island ist sehr beliebt bei Rucksacktouristen, die zu Fuß oder per Fahrrad sich diesen Teil des Landes erobern.
Wir haben eine sagenhafte Fjordlandschaft verpasst, die unser Schiff die letzten 2-3 Stunden durchfahren hat. Aber zum Glück fahren wir ja heute am späten Nachmittag die gleiche Strecke wieder zurück.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf, das Städtchen zu Fuß zu erkunden. Gleich an unserer Anlegestelle in einer kleinen Holzhütte wurden für die Passagiere der MS ASTOR drei Laptops mit Internetzugriff aufgestellt. Seltsamerweise nutzen auf dieser Reise nur wenige Leute das Internet. Das war beim letzten Mal anders. Da haben Oma und Opa kräftig gemailt und mit ihren Enkeln in der fernen Heimat per Skype telefoniert.
Wir laufen an dem kleinen Containerhafen und dem Fischereihafen vorbei, wo die großen Fischkutter festgemacht haben. Der Ort bietet ein kleines Freilichtmuseum, eine Tourist-Information und Cafés mit WLAN. Logisch, dass wir in eines einkehren. Das Café ist voll mit meist jungen Leuten, die mit ihren Laptops ihren Internetaktivitäten frönen und auch ich klinke mich ins Netz ein, um den Blog auf den letzten Stand zu bringen.
Und schon ist es wieder Zeit fürs Mittagessen und diesmal müssen wir uns gut stärken, denn für den Nachmittag haben wir eine Kajaktour gebucht. Als wir uns am Treffpunkt für unsere Wassersportaktivitäten einfinden, informiert man uns, dass die Tour aus Sicherheitsgründen abgesagt werden muss. Es herrscht zu viel Wind und dadurch auch einiges an Wellengang, der uns ungeübten Paddlern zum Verhängnis werden könnte. Wir nehmen das ohne Murren hin und überlegen uns, was wir mit der plötzlich gewonnenen freien Zeit anfangen können.
Wir machen uns wieder ins Städtchen auf, zur Tourist-Information, denn dort kann man Elektro-Scooter ausleihen. Doris entscheidet sich für einen Three-Wheeler, da sie bisher noch nie Mofa, Moped oder ähnliches gefahren ist. Ein Three-Wheeler ist ein Gefährt, das vorne ein Rad und hinten zwei Räder hat und somit nicht umfallen kann. Ich entscheide mich für einen knallroten Roller. Wir erhalten eine kurze Einweisung, drehen ein paar Proberunden auf dem Parkplatz und los geht’s. Die Dinger sind wirklich einfach zu bedienen und fahren laut Tacho etwa 40 Km/h und geschätzt tatsächlich vielleicht knapp 30 km/h. Innerhalb kürzester Zeit haben wir das Städtchen hinter uns gelassen uns fahren bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 15 Grad auf einem Fahrradweg, der parallel zur Bundesstraße durch den Fjord führt.
Mit unseren Ohrenschützern in Kombination mit den Fahrradhelmen sehen wir vielleicht nicht ganz so cool aus wie weiland Dennis Hopper und Peter Fonda in dem Kultfilm Easy Rider. Aber wenn man durch diese großartigen Landschaft fährt und einem dabei der kalte isländische Wind kräftig ins Gesicht bläst und die 30 Km/h so langsam nun auch gar nicht sind, komme doch ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer auf so komme ich nicht umhin, auf meiner Maschine lauthals : „Born to be wild…“ zu schmettern, diesen alten Steppenwolf-Hit aus dem Soundtrack von Easy Rider. Die isländische Natur möge mir verzeihen.
Viel zu schnell sind die eineinhalb Stunden um, es geht auf 16:30 zu, die späteste Zeit, wo wir zurück an Bord sein müssen. Scheinbar noch voller Adrenalin besteige sogleich das Ergometer im Fitnessraum, um noch eine halbe Stunde kräftig zu radeln, um anschließende die Ausfahrt aus dem Fjord außen auf dem Achterdeck zu genießen.

Liegeplatz mit Traumkulisse.

Liegeplatz mit Traumkulisse.

Im Fischereihafen von Isafjordur.

Im Fischereihafen von Isafjordur.

2013_07_31_Isafjordur_Island_IMGP8873 [50%]

Born to be wild

Born to be wild

Rockerbraut

Rockerbraut

Der Skutulsfjörður, so der (unaussprechliche) Name des Fjords, in dem das Städtchen Isafjordor liegt.

Der Skutulsfjörður, so der (unaussprechliche) Name des Fjords, in dem das Städtchen Isafjordor liegt.

Three-Wheeler - ein wenig uncool ist das Ding schon, oder?

Three-Wheeler – ein wenig uncool ist das Ding schon, oder?

Freut das den Frankfurter? - Die Offebäscher(Offenbacher) sind schon da.

Freut das den Frankfurter? – Die Offebäscher(Offenbacher) sind schon da.

Blick in einen Seitenarm des weit verzweigten Fjords.

Blick in einen Seitenarm des weit verzweigten Fjords.

8. Tag Donnerstag 1.8.2013 – Auf See

Jetzt sind wir schon eine Woche unterwegs. Das Schiff hat, nachdem aus dem Fjord kommend, die Nordspitze Islands in westlicher Richtung passiert und fährt jetzt einen Kurs von Südwest, denn unser Ziel ist zunächst einmal die Südspitze von Grönland und die liegt südlicher als die Nordküste Islands, die nur wenige Seemeilen vom Polarkreis entfernt liegt.
Denn Polarkreis werden wir erst passieren, wenn wir entlang der Westküste von Grönland auf die Diskobucht zu steuern, um vor Ilulissat zu ankern.
So ein Seetag ist wie Urlaub im Urlaub und trotzdem vergeht so ein Tag wie im Flug. Hatte ich vorgestern und gestern inmitten der vielen touristischen Verpflichtungen das Schreiben der Berichte und das Aussuchen der Bilder für den Blog mehr oder weniger zwischen Tür und Angel erledigt, so habe ich heute doch etwas mehr Zeit und Ruhe hierfür.
Heute Vormittag wurden wir über die Ausflugsmöglichkeiten in Ilulissat informiert. Sodann stand mal wieder der Besuch des Fitnessraums auf dem Programm. Mittagessen, ein kleiner Mittagsschlaf ein bisschen am Blog arbeiten, dazwischen ein kleiner Spaziergang auf Deck, das Meer beobachten und schon ist es wieder Zeit für Abendessen. Am Abend wird es wieder sehr lange hell bleiben. Wenn wir meist so gegen Mitternacht den Tag beschließen, ist es immer noch nicht richtig dunkel.
Wenn wir den Polarkreis überschritten haben werden, geht die Sonne überhaupt nicht mehr unter.

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Grönland

 2013_08_04_Nuuk_Grönland_IMGP8006 [50%]

9. Tag Freitag 2.8.2013 – Prins Christian Sund/Grönland

Obwohl die heutige Überschrift nicht “Auf See“, sondern “Prins Christian Sund“ lautet, werden wir das Schiff nicht verlassen können, das es weder irgendwo anlegen, noch den Anker werfen wird.
Nachdem wir uns am Vormittag wieder durch Sport das Mittagessen verdient haben, erreichen wir gegen 14:00 Uhr die Ostküste von Grönland. Um jetzt zur grönländischen Westküste zu gelangen, die wir ja hochfahren wollen, könnten wir jetzt um die Südspitze herumfahren, aber das ist gar nicht nötig. Die Südspitze vom Grönland besteht nämlich nicht kompakt aus “einem Stück“, sondern setzt sich aus einer dicht gepackten Menge von vielen Inseln und Inselchen zusammen. Durch dieses Labyrinth gibt es einen Schifffahrtsweg quer durch, der zum einen tief genug und zum anderen breit genug für die Schiffe ist. Diesen Weg haben vor vielen Jahrzehnten mutige Seefahrer entdeckt und somit eine Abkürzung gefunden. Eben dieser Weg, der sich letztendlich aus einer Aneinanderreihung verschiedener Meerengen zusammensetzt, hat den Namen Prins-Christian-Sund. Prins Christian ist der Name einer kleinen Siedlung an der Osteinfahrt des Sunds. Wenn man Glück hat, blockieren nicht irgendwo Eisschollen die Durchfahrt. Und wir haben Glück, sogar in dreierlei Hinsicht. Zum einem gestattet die Eissituation heute die Durchfahrt durch den Sund, was nicht immer selbstverständlich ist und zum anderen hat sich der Nebel, der den ganzen Vormittag die Sicht getrübt hat, verzogen. Ebenso lockert die dichte Wolkendecke immer mehr auf und lässt der Sonne den Vortritt.
Warm eingepackt beobachten wir auf den Außendecks die Passage. Links und rechts türmen sich hohe Berge und Felsen auf und immer wieder strecken Gletscher ihre Zungen in Richtung Wasser. Das Schiff fährt nur sehr langsam, es muss immer wieder im eh schon engen Sund um kleinere Eisberge und Eisschollen herum manövrieren. Die Kulisse ist wirklich atemberaubend und mit jeder Seemeile tauchen neue riesige Gebirgsformationen auf, die unser Schiff ganz klein aussehen lassen.
Nach drei Stunden ist uns dann doch ein wenig kalt und wir beobachten den Rest der Passage durch die Panoramafenster im Captains Club.
Als wir gegen 19:00 Uhr den westlichen Ausgang des Sunds verlassen, entdecken wir noch einige riesige haushohe Eisberge, die im Meer treiben, quasi als Zugabe. Der Himmel bewölkt sich und langsam kommt wieder Nebel auf. Zwei Wale werden auf der Backbordseite gesichtet. Das trifft sich gut, weil wir genau auf dieser Seite vor den Panoramafenstern sitzen. Schlecht ist allerdings, dass unser Fernglas in der Kabine liegt und die Wale so weit entfernt sind, dass man sie mit bloßem Auge kaum erkennen kann.
Dieser Tag war mit Sicherheit ein echtes Highlight.

Impressionen aus dem Pris-Christian-Sund

2013_08_02_Prins-Christian-Sund_Grönland_IMGP7933 [50%] 2013_08_02_Prins-Christian-Sund_Grönland_IMGP7934 [50%]  2013_08_02_Prins-Christian-Sund_Grönland_IMGP7942 [50%] 2013_08_02_Prins-Christian-Sund_Grönland_IMGP7944 [50%] 2013_08_02_Prins-Christian-Sund_Grönland_IMGP7946 [50%]

10. Tag Samstag 3.8.2013 – Qaqortoq/Grönland

Bereits um 5:30 Uhr fallen die Anker. Aber mittlerweile haben wir gelernt, die morgendlichen Störgeräusche, die das Schiff von sich gibt, mehr oder weniger zu ignorieren.
Wir schlummern also weiter, während das Schiff vor Qaqortoq auf Reede liegt. Qaqortoq ist die größte Stadt Südgrönlands, wobei “groß“ in Grönland bezüglich Einwohnerzahl eine weitaus andere Bedeutung hat, als im restlichen Europa. Qaqortoq hat etwa 3500 Einwohner.
Die grönländischen Städte und Ortschaften ähneln sich alle seht. Es gibt in der Regel keine typische für einen Ort spezifische Silhouette. Die Orte und eben auch Qaqortoq liegen in einer Bucht, die von hohen Felsen umgeben sind, Die Häuser sind aus Holz und farbig angestrichen, so wie man sie auch aus Schweden oder Norwegen kennt. Die Bucht ist eng, sodass die meisten der Häuser sich an den Hängen befinden und über sehr steile Straße und Wege erreicht werden können.
Arbeit finden die Leute hier im Hafen, in der kleinen Werft, der Fischfabrik und der Fellgerberei.
Gegen halb elf tendern wir an Land und spazieren etwas durchs Zentrum und finden das “Hotel Qaqortoq“. Dieses wird in der Landgangsinformation, die wir immer am Vorabend eines Reiseziels auf einem DinA4-Blatt auf die Kabine bekommen, erwähnt, weil es hier Internetterminals geben soll. Leider lässt man uns da nicht ran, weil die Bildschirme nur für Hotelgäste zur Verfügung gestellt werden.
Sehenswürdigkeiten bietet der Ort wenig. Eine Kirche, der älteste Springbrunnen Grönlands und in der ganzen Stadt verteilte Skulpturen und Reliefs, entstanden in einer Kunstaktion in den 90er Jahren , das ist eigentlich schon alles.
Wir besuchen einen Friedhof, der sich am Ortsrand an einem Berghang befindet. Die Blumen auf den Gräbern sind künstlich, müssen künstlich sein, denn echte Zierblumen könnten sich in dem rauen Klima gar nicht halten. Dafür breiten sich zwischen den Gräbern mit den einfachen weißen Kreuzen gelbe Butterblumen, ebenso gelber und orangefarbener Islandmohn, weiße Gänseblümchen und blaue Lupinen in einer unüberschaubaren Menge aus.
Wir kraxeln den Berg weiter hoch und lassen so das Städtchen mit den bunten Häusern, den kleinen Hafen, die Fischfabrik und der Fellgerberei unter uns.
Am Nachmittag geht es schon wieder weiter, mit dem Ziel Nuuk, die Hauptstadt von Grönland.

Das wird erst noch ein richtiger Schlittenhund

Das wird erst noch ein richtiger Schlittenhund

Das wird wohl nie ein richtiger Schlittenhund

Das wird wohl nie ein richtiger Schlittenhund

Grönländische Kunst an einer Felswand

Grönländische Kunst an einer Felswand

Der Fotograf sucht die optimale Perspektive

Der Fotograf sucht die optimale Perspektive

Schon ziemlich weit oben auf dem Berg...

Schon ziemlich weit oben auf dem Berg…

...unten der Hafen

…unten der Hafen

Gipfelstürmerin.

Gipfelstürmerin.

Der Friehof von Quaqortoq. Kunstblumen....

Der Friehof von Quaqortoq. Kunstblumen….

... und wilde Natur.

… und wilde Natur.

11. Tag Sonntag 4.8.2013 – Nuuk/Grönland

Die knapp 15.000 Einwohner zählende Hauptstadt von Grönland, Nuuk, ist die wohl untypischste grönländische Stadt. Hier gibt es hässliche, ziemlich heruntergekommenen, trostlose Wohnblocks im Stil der frühen 60er Jahre, aber auch mittlerweile moderner, etwas ansprechenderer Bauten. Habe ich gestern noch berichtet, dass grönländische Ortschaften keine typische Silhouette haben, so gilt das auch heute immer noch, allerdings nicht für Nuuk. Die oft 100 Meter langen Wohnblocks sind ein hässliches “„Wahrzeichen“ von Nuuk. Die Geschichte dieser Wohnwaben ist eng mit der Geschichte Grönlands nach dem 2. Weltkrieg verbunden.
Grönland war praktisch eine dänische Kolonie, sollte aber nach 1945 Dänemark politisch angegliedert werden. Dies hat die UNO damals bewogen, Dänemark die Auflage zu erteilen, Grönland an dänische Lebensverhältnisse anzupassen. Das hat Dänemark auch getan, allerdings mit der Holzhammermethode. Man hat viele kleine grönländische Siedlungen aufgelöst und die Menschen, die Inuits (die Bezeichnung Eskimo ist politisch nicht korrekt), mehr oder weniger gezwungen nach Nuuk oder eine der anderen größeren Städte umzusiedeln und in die bereits erwähnten, zu diesem Zweck errichteten Wohnblocks zu ziehen. Die naturverbundenen Menschen, die meist als Fischer und Jäger für den Unterhalt ihrer Familien sorgten, hatten innerhalb ihrer Dörfer eine hohe anerkannte soziale Stellung z. B. auf Grund ihrer Kenntnisse, Kajaks zu bauen oder die Beherrschung der Jagttechniken. Diese sozialen Strukturen wurden von einem auf den anderen Tag zerstört. Die Menschen bekamen zwar in der Regel Arbeit, aber meist nur einfache Jobs, während die qualifizierten Stellungen von der dänischen Minderheit auf Grönland besetzt wurden und teilweise heute auch noch sind.
Die Folge dieses Kulturschocks war ein verstärkt auftretendes Alkoholproblem bei den Inuit, sowie ein vermehrtes Selbstmordaufkommen. Zwar hat man mittlerweile auch ansprechendere Wohnblocks gebaut, aber Alkoholismus und Selbstmorde sind auch heute noch ein großes gesellschaftliches Problem in Grönland.

Aber Nuuk hat auch schöne Seiten. So ist hier der Weihnachtsmann zu Hause und betreibt ein eigenes Postamt, von wo man bereits im Sommer seine Weihnachtskarten abgeben kann, die dann im Dezember beim Empfänger mit entsprechendem Stempel ankommen. Ein kleines Museum, das Denkmal des Missionars Hans Egede sind weitere touristische Ziele.
Da wir Nuuk aus früheren Grönlandreisen bereits ausgiebig erkundet haben, haben wir uns dieses Mal für eine Walbeobachtung entschieden. Heute Vormittag sind wir im alten Kolonialhafen vor Anker gegangen, jetzt aber fährt das Schiff um den Ort herum, um an der heute früh noch besetzten Pier des neueren und größeren Atlantik Hafen fest zu machen, denn wir müssen Frischwasser bunkern. Die Pier ist allerdings immer noch besetzt und wir müssen erneut ankern, aber das macht nichts, denn die Boote, die uns zu den Walen bringen sollen, machen längsseits an der MS ASTOR fest und wir können in diese umsteigen. Das Walbeobachtungsboot, in das wir steigen, ist sehr modern. Es ist innen wie ein kleiner moderner Reisebus ausgestattet. Man kann sich aber auch außen auf dem kleinen Vorder- und Achterdeck sowie an den schmalen Seitendecks aufhalten. Mit 10 Passagieren ist das Boot nicht sehr voll und es gibt innen und außen genügend Platz. Lag am Vormittag noch dichter Nebel in der Bucht von Nuuk, haben wir jetzt den schönsten Sonnenschein und die Fahrt geht los. Angestrengt halten alle Ausschau nach dem Blas, das ist eine Wasserfontaine, die der Wal beim Auftauchen ausstößt und die sehr weit zu sehen ist. Leider ist nichts zu sehen, obwohl uns bald die Augen aus dem Kopf fallen. Zum Trost fährt uns der Skipper ganz dicht an einen Eisberg heran, damit wir ihn aus allernächster Nähe betrachten und fotografieren können und wir fahren weiter zu einer großen Felsformation, auf der sich ein Gletscher befindet und dessen Schmelzwasser sich  in einem hohen tosenden Wasserfall ins Meer stürzt. Etwas weiter steuert der Schiffsführer sein Boot ganz dicht an das felsige Ufer. Die hübsche Tochter, die uns auch mit Kaffee und Tee versorgt, springt behände auf einen Felsvorsprung und kraxelt die Anhöhe ein Stück hinauf und kommt mit einer kleinen Sammlung von Blumen und Kräutern zurück. Wir erhalten eine kleine Lektion in grönländischer Pflanzenkunde und probieren die Blätter einer Blume, die sehr vitaminreich sein soll und noch weitere überaus positive Eigenschaften bezüglich Gesundheit und sogar männlicher Potenz haben soll. Die Blätter sind in Geschmack dem Sauerampfer nicht unähnlich und wenn ich auf dieser Reise, wie sonst üblich, einmal keine Erkältung bekommen sollte, will ich auch gerne an die Wunderkräfte dieser Blume glauben.
Mittlerweile ist es für unser Boot Zeit, kehrt zu machen und nach Nuuk zurückzufahren und wir haben immer noch keine Wale gesehen. Aber so ist das mit den Walversprechen, hier wie dort, am Ende werden sie meist doch nicht gehalten.
Kurz vor Nuuk, in gut 500 Meter Entfernung vom Boot entdecken wir schließlich doch noch einen Blas und man kann durchaus mit bloßem Auge etwas sehen, sogar die Fluke, also die Schwanzflosse des Wals kann man erkennen, als dieser abtaucht und auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Ich fotografiere erst gar nicht, denn nur Leute mit Riesenteleobjektiven haben überhaupt die Chance, halbwegs vernünftige Fotos zu schießen, auf denen mehr als nur ein kleiner schwarzer Fliegendreck zu erkennen ist..
Die Beobachtungsfahrt neigt sich nun endgültig dem Ende und unser Boot macht an einem Steg am Kolonialhafen fest. Somit kann wer möchte, noch das Zentrum von Nuuk besuchen. Wir fahren allerdings, weiter mit bis Richtung Atlantik Hafen und passieren die ASTOR, die immer noch auf Reede liegt. Warum man uns nicht dort wieder aussteigen lässt, wo wir eingestiegen sind, nämlich am Schiff, bleibt bis heute ein Geheimnis. Unser Boot bringt und vielmehr direkt in den Hafen, wo wir austeigen. Am Hafen selbst ist kein Mensch vom Reiseveranstalter Transocean, dafür aber viele Reisegäste, die teilweise schon 2 Stunde darauf warten, dass der Dampfer endlich anlegt. Später erfahren wir, dass die Leute, die am Kolonialhafen ausgestiegen sind, auch keinerlei Informationen hatten. Auch der von Transocean organisierte Shuttlebus, der stündlich zwischen Kolonial und Atlantik Hafen pendeln sollte, fuhr ganz woanders ab, als in der Landgangsinformation beschrieben. Später erfahren wir, dass ein älteres Ehepaar mehrmals mit dem Taxi zwischen Kolonialhafen und Atlantikhafen hin und herfuhren, auf der Suche nach der Astor, immer in der Angst, dass sie das Schiff verpassen könnte oder sogar schon verpasst haben.
Liebe Transocean Leute, da habt ihr Euch nicht mit Ruhm bekleckert (höchstens mit Rum). So eine Informationsdiaspora zu hinterlassen ist schon großartig. Da organisiert aber jeder Karnevalsverein einen Ausflug wesentlich besser und professioneller als ihr!
Doris und ich gehen in das naheliegende Seemannsheim. Seemannsheime sind in Grönland so eine Art Hotel, Jugendherberge, Café und Restaurant in einem. Hier gibt es sogar Internet für 25 Kronen (3 Euro) pro ½ Stunde, wahlweise als Zugangscode für das WLAN oder direkt am Terminal. Dummerweise liegen die Dateien für den Blog auf dem Schiff, ich hatte nicht damit gerechnet, heute in den Genuss des World Wide Web zu kommen. Also muss der Blog weiter auf neue Bits und Bytes warten.
Als wir nach einer guten Stunde zurück zum Hafen kommen, liegt auch unser Schiff mittlerweile an der Pier. Allerdings gibt es noch eine lange Warteschlange vor der Gangway mit den seit vielen Stunden wartenden Gästen, die nun  endlich einsteigen können. Die MS ASTOR ist wohl jetzt gerade erst reingekommen.
Zum Abendessen erhält jeder Gast unaufgefordert ein Glas Sekt, vermutlich als Entschuldigung für das nachmittägliche Chaos. Ich frage den Getränkesteward trotzdem nach dem Grund für den kostenlosen Sektausschank. Er weiß es schlicht und ergreifend nicht. Information ist also nach wie vor ein seltenes und damit kostbares Gut auf diesem Schiff. Es gab auch schon in der Vergangenheit Situationen, wo man sich vergeblich nach dem “warum“ fragte. So fuhren wir mal ohne Vorankündigung eine Stunde früher ab (waren wohl alle Gäste schon an Bord), ein andermal war es eine Stunde später (gleicht sich ja im Mittel aus). Auch über die Tatsache, dass seit Tagen kein Fernsehprogramm mehr in die Kabinen eingespeist wird, schweigt man sich aus. Nur auf hartnäckige Nachfrage erhält man die Information, dass in diesen nördlichen Breiten Satellitenempfang mit der vorhandenen Technik auf dem Schiff leider nicht mehr möglich ist. Ich könnte noch etliche, den Leser jedoch langweilende, dem Betroffenen dennoch ärgernde Beispiele nennen, wo Information einem einfach grundlos vorenthalten werden. So jetzt ich höre aber sofort auf zu granteln und gehe in den Captains Club, um mein Feierabendbier zu genießen.

Unser Beobachtungsboot konnte richtig Speed machen.

Unser Beobachtungsboot konnte richtig Speed machen.

Die Tochters des Skippers...

Die Tochters des Skippers…

... sprint zum Erstaunen aller auf das felsige Gelände...

… sprint zum Erstaunen aller auf das felsige Gelände…

… und sammelt Blumen und Kräuter…
... und sammelt Blumen und Kräuter...

… und sammelt Blumen und Kräuter…

... deren Verwendung und Nutzen den Walbeobachtern erklärt wird.

… deren Verwendung und Nutzen den Walbeobachtern erklärt wird.

Das Schmelzwasser des Gletschers stürzt in einem Wasserfall ins Meer.

Das Schmelzwasser des Gletschers stürzt in einem Wasserfall ins Meer.

Auf dem Weg zurück nach Nuuk. Man sieht im Hintergrund den schönen Teil von Nuuk.

Auf dem Weg zurück nach Nuuk. Man sieht im Hintergrund den schönen Teil von Nuuk.

Hier zum Vergleich der moderne Teil.  (Von den erwähnten heruntergekommenen Wohnblocks konnten wir wegen des Nebels keine Bilder machen.)

Hier zum Vergleich der moderne Teil.
(Von den erwähnten heruntergekommenen Wohnblocks konnten wir wegen des Nebels keine Bilder machen.)

12. Tag Montag 5.8.2013 – Kangerlussaq/Grönland

Als wir um 7:30 Uhr aufstehen haben wir gerade den Polarkreis überschritten bzw. überfahren, sind schon in den Søndre Strømfjord eingefahren, der mit circa 130 Kilometer Länge weltweit zu einem der größten Fjorde zählt. Der Fjord ist relativ breit, sodass die links und rechts aufragenden Berge nicht so kolossal erscheinen wie im Prinz-Christian-Sund. Ich erspare hier dem Leser eine weitere Landschaftsbeschreibung und genieße einfach die Fahrt.
Am Ende des Fjords liegt die 500-Seelen-Ortschaft Kangerlussaq, unser heutiges Ziel. Hier gibt es den einzigen internationalen Flughafen von Grönland. Täglich kommt eine Maschine aus Kopenhagen. Wer weiter will, muss auf einen Inlandsflug umsteigen, denn Straßen in andere Ortschaften oder regelmäßigen Fährverkehr gibt es nicht.
Gegen 12:00 Uhr wird der Anker geworfen, wir liegen wieder mal auf Reede. Für den Nachmittag haben wir einen spannenden Ausflug gebucht, eine Fahrt zum Inlandeis. Grönland ist zu 80% mit Eis bedeckt, das sogenannte Inlandeis. Man spricht auch von der grönländischen Eiskappe. Dieses Eisschild hat eine Ausdehnung von 2.400 Kilometer in Nord-Süd-Richtung und in Ost-West-Richtung beträgt die Breite zwischen 500 und 1000 Kilometer. Die Dicke dieser Eisdecke beträgt 2-3 Kilometer.
Um 13:30 soll es losgehen. Der Treffpunkt zum Ausflug ist wie üblich 15 Minuten vorher in der Astor Lounge, dem großen Saal des Schiffs, wo auch die abendlichen Shows stattfinden. Dort erhält man das sogenannte Busticket, quasi die Boardingkarte und irgendwann wird der Ausflug ausgerufen und man begibt sich zu dem wartenden Bus oder wie heute erst zur Luke, wo man ins Tenderboot einsteigt. Aber um 13:00 Uhr ruft keiner, um 13:45 immer noch kein Aufruf. Man kommt sich vor, wie in einer schlecht organisierten Arztpraxis, wo man sich trotz eines Termins den Hintern im Wartezimmer platt sitzt. Informationen gibt es, wie gewohnt natürlich nicht. Auf Nachfrage, wo’s denn klemmt, reagiert die Transocean Mitarbeiterin Jenny provozierend  desinteressiert, rollt die Augen und schlurft dann aber sichtlich genervt zum Mikrofon und erklärt , dass auf G rund von örtlichen Vorschriften das Tenderboote die von Land kommt mit Tenderbooten, die vom Schiff kommen, nur an einer bestimmten Stellen aneinander vorbei fahren dürfen. Deshalb dauerten der vorherigen Tendervorgänge länger als geplant und damit verspätet sich die für uns vorgesehenen Tenderfahrten um gut 30 Minuten. Hätten uns die Planungsstrategen von Transocean darüber nicht frühzeitig informieren und den Ausflug ganz offiziell um eine halbe Stunde verschieben können?  Oder hätte man uns zumindest, als wir schon alle wartend in der Lounge saßen, unaufgefordert Bescheid sagen können? Macht denen wohl zu viel Arbeit – aber ich wollte mich ja nicht mehr ärgern.
Schließlich bringt man uns doch an Land, wo drei kompakte geländegängige Busse verschiedenster Bauart auf uns warten. Wir steigen in einen grünen umgebauten Unimog um. Eine sehr gewellte Asphaltstraße bringt unseren Unimog-Bus, einem Kamelritt nicht unähnlich, zunächst bis zum Ort Kangerlussaq selbst, am kleinen internationalen Flughafen vorbei. Ab da wird die Straße zu einem breiten Feldweg, der zur etwa 50 Kilometer entfernten Eiskappe führt. Die Fahrt verläuft durch eine Tundra-Landschaft deren Vegetation aus niedrigen Büschen, Gräsern und sonstigen robusten Pflanzen besteht. Die Landschaft ist durchzogen von Bach- und Flussbetten sowie kleinen Seen, die vom Wasser der weiter entfernten Gletscher gespeist werden. Dieses Gletscherwasser bringt in die Täler Sedimentgestein, das teilweise von den Eismassen zu feinem Sand zermahlen wurde. So findet man viele Stellen, die an einen Sandstrand erinnern, dem lediglich das Meer fehlt. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass wir wieder strahlenden Sonnenschein haben.
Den ersten Fotostopp machen wir an einer Stelle, an der sich ein Flugzeugwrack befindet. Es stammt aus der Zeit, als die Amerikaner hier noch eine Militärbasis hatten. Der Pilot konnte sich damals mit dem Schleudersitz retten und hat überlebt. Das Wrack verrottet nur sehr langsam, weil es sich bei dem Gebiet, in dem wir uns befinden, um eine sogenannte Arktische Wüste handelt. Es gibt kaum Niederschlag, fast nie Nebel und das trockene Klima verhindert eine Korrosion des Metalls. Warum man das Wrack nicht abtransportiert, es sind eh nicht mehr als paar Blechknäuel übrig, sondern es einfach liegen lässt ist mir nicht klar. Aber wahrscheinlich dient es als Touristenattraktion, schließlich halten wir ja auch hier und machen Fotos.
Die nächsten Stopps machen wir, um die riesige Gletscher, die sich einige Kilometer rechts von der Straße befinden, zu bewundern und zu fotografieren. Man kann eigentlich alles vergessen, was man bisher an Gletschern gesehen hat, seien es die im Prins-Christian-Sund oder der bei Nuuk. Diese Kaventsmänner hier stellen alles Bisherige in den Schatten.
Schließlich ist die Straße zu Ende. Früher führte sie mal näher an die  Eiskappe ran, aber mittlerweile sind die letzten 1000 Meter durch Verwerfungen nicht mehr nutzbar. Also machen wir uns zu Fuß auf den Weg. Diese Strecke als unwegsam zu bezeichnen, ist etwas leicht untertrieben. Bewundernswert ist, wie auch viele ältere Herrschaften die Herausforderung annehmen und es tatsächlich bis zur Eiskappe schaffen. Ich habe aber auch vollsten Verständnis für die Leute, die diesen Marsch nicht auf sich genommen haben und das Inlandeis deshalb nur aus der Entfernung betrachten können.
Doris und ich erreichen das Eis, dass am Rand natürlich noch keine 3 Kilometer Dicke besitzt. Die ersten paar hundert Meter ist es auch “schmutzig“, da es von Sedimenten bedeckt ist, aber irgendwann wird es schließlich auch weiß. Beschreiben lässt sich das Ganze nur schwerlich und auch die Fotos können den Eindruck nicht richtig wiedergeben, den man hat, wenn man auf dieser Eiskappe steht und bis zum Horizont nichts anderes sieht als Eis.
Viel zu schnell ist die Zeit um, die man uns für die Eiskappe zugedacht hat, und wir wandern wieder zurück zu unserem Unimog.
Mittlerweile wird eine weitere Nachlässigkeit bezüglich Ausflugsorganisation zum Problem – das Pippimachen. Jeder Reiseleiterazubi lernt bereits im ersten Lehrjahr die 4 Säulen eines Ausflugs kennen (die Reihenfolge gibt gleichzeitig die Wichtigkeit an):

  1. Wo und vor allem wann besteht  Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen. Die größte zeitlich tolerierbare Distanz zwischen 2 Toiletten beträgt 1,5 Stunden.
  2. Wo ist das nächste Postamt
  3. Wo ist das nächste Souvenirgeschäft
  4. Besuch der touristischen Ziele,

Punkt 1 wurde bei diesem Ausflug bis dato völlig außer Acht gelassen. Die Herren hatten das Problem bisher bei den einzelnen Fotostopps pragmatisch gelöst, in dem sie sich etwas seitlich in die zugegebenermaßen sehr niedrigen Büsche geschlagen haben. Die meisten Damen hatten das Problem, insbesondere wegen der bereits erwähnten Niedrigkeit der Büsche, vertragt.
Nachdem das Problem jetzt bei Sebastian, dem Transocean Reiseleiter, der den Ausflug begleitet, vorgetragen wurde, sichert dieser zu, dass, dass auf dem Rückweg in 15 Minuten eine Toilettenpause eingelegt wird, wenn dies denn tatsächlich nötig sein sollte.
Sebastian, du Pfeifenheini, es ist sehr nötig.
Und siehe da, nach gut 30 minütiger Fahrt machten wir an einem riesigen Gletscher Halt, den wir schon auf der Hinfahrt durch die Fenster des Busses bewundern durften. Warum wir auf der Hinfahrt da nicht schon gehalten haben, wird ewig das Geheimnis unsres lieben Sebastians bleiben. Das Zeitlimit von 5 Minuten, das er für diesen ihm abgerungenen Stopp gesetzt hat, wurde von den Frauen im Übrigen völlig ignoriert.
Wie geplant erreichen wir gegen 19:30 Uhr die Anlegestelle unseres Tenders und der Ausflug mit diesen großartigen Zielen und den tiefen Eindrücken geht zu Ende.
Die Moschusochsen, die in der Gegend von Kangerlussaq recht häufig vorkommen sollen, und die man uns deshalb extra in der Ausflugsbeschreibung des Reiseveranstalters in Aussicht stellte, haben wir übrigens nicht gesehen. Aber hierfür gebe ich Sebastian wirklich nicht die Schuld.

"Unser" Unimog.

„Unser“ Unimog.

Ein Rentier, ein Rentier - die Fotografen flippen fast aus.

Ein Rentier, ein Rentier – die Fotografen flippen fast aus.

Der Gletscher zermalmt das Gestein zu feinstem Sand. Man könnte fast meinen, man sei in den Dünen von Gran Canaria.

Der Gletscher zermalmt das Gestein zu feinstem Sand. Man könnte fast meinen, man sei in den Dünen von Gran Canaria.

Steinig ist der Weg ...

Steinig ist der Weg …

... und weit zum Inlandeis.

… und weit zum Inlandeis.

Die ersten Ausläufer der Eiskappe...

Die ersten Ausläufer der Eiskappe…

... sind erreicht.

… sind erreicht.

Dass sich niemand den Fuß verstaucht hat, ist ein kleines Wunder.

Dass sich niemand den Fuß verstaucht hat, ist ein kleines Wunder.

Die unendliche Weite der Eiskappe kann dieses Foto gar nicht richtig wiedergeben.

Die unendliche Weite der Eiskappe kann dieses Foto gar nicht richtig wiedergeben.

Die Menschen sind klein und die Eisfläche riesig

Die Menschen sind klein und die Eisfläche riesig

Der riesige imposante Russels Gletscher...

Der riesige imposante Russels Gletscher…

... mit touristischer Infrastruktur...

… mit touristischer Infrastruktur…

... mit angeschlossenen Klohäuschen

… mit angeschlossenen Klohäuschen

13. Tag Dienstag 6.8.2013 – Auf See

Endlich kommt mal etwas Bewegung ins Meer. Bisher hat man gar nicht gemerkt, dass man auf einem Schiff ist, so ruhig verlief die Fahrt. Seestärke 5 und eine Außentemperatur von 6º C wurde um 10:00 Uhr gemeldet.
Es ist Nachmittag und ich sitze in der Schiffsbibliothek und schreibe an diesem Reisebericht Da erhalten wir die Information, dass alle Landausflüge in Ilulissat, unserem nächsten Ziel, gestrichen sind. Auf Grund der Eissituation wird man nur in einer Entfernung von 5 Seemeilen vom Hafen ankern können. Ein Tendern nach Ilulissat wird nicht möglichsein. Ich vermute, dass die Bootsführer der Tenderboote bezüglich Eisbergen, Treibeis und Eisschollen in der Regel zu unerfahren sind und man deshalb aus Sicherheitsgründen einen Tendertransfer vom Schiff zum Land nicht durchführt. Außerdem würde man für die 5 Seemeilen etwa 1 Stunde brauchen, was sämtliche Zeitpläne über den Haufen werfen würde.
Wir hatten eine Wanderung in Ilulissat zum Eisfjord gebucht, auch dieser Ausflug fällt natürlich flach. Die Stimme aus dem Bordlautsprecher erklärt gerade, dass der Ausflug “Bootsfahrt im Ilulissat-Eisfjord“ dennoch stattfinden kann, weil uns die einheimischen Boote am Schiff abholen können. Für diesen Ausflug gibt es noch freie Plätze. Während die Lautsprecherstimme noch um Verständnis für die Situation bittet, eile ich ein Deck tiefer zum Bordreisbüro und buche schnell die Bootsfahrt im Eisfjord nach. Erst dann habe ich Zeit und Ruhe, der Situation Verständnis entgegenzubringen, wie die Stimme aus dem Lautsprecher von uns gefordert hatte. Natürlich habe ich Verständnis, das ist Grönland, hier hat die Natur noch das Sagen und diktiert die Fahrpläne und gibt vor, was möglich ist und was nicht.

14. Tag Mittwoch 7.8.2013 – Ilulissat/Grönland

Um 5:30Uhr erreichen wir unseren Ankerplatz, wie angekündigt, 5 Seemeilen vor Ilulissat. Diese für grönländische Verhältnisse große Stadt mit 4600 Einwohnern liegt am Eingang des gleichnamigen Eisfjord. Dieser Fjord ist 40 Kilometer lang und an dessen Ende befindet sich ein riesiger Gletscher, der Sermeq Kujalleq, der schnellste Gletscher der Welt. Täglich bewegt er sich zwischen 20 und 40 Meter Richtung Westen, also in Richtung des Fjords. Dabei brechen riesige Eisberge ab und diese wandern aus dem Fjord ins offene Meer. Alle Eisberge im Atlantik zwischen Grönland und USA/Kanada stammen von hier. Das 1912 gesunkene Passagierschiff Titanic kollidierte mit einem Eisberg, der aus diesem Eisfjord bis vor Neufundland getrieben war. Ein ganz kleines Stück wollen wir heute in diesen Fjord hineinfahren.
Um 15:30 Uhr geht es auch pünktlich los. Ein einheimisches Boot macht vor der Luke, aus der wir sonst immer zum Tendern aussteigen, fest und wir wechseln so unser Gefährt. Beschreiben brauche ich das Boot nicht, denn es handelt sich exakt um das gleiche Modell, mit dem wir bereits in Nuuk auf Walbeobachtung waren. Nur heute wird unsere Ausbeute wohl besser sein, denn Eisberge können nicht so schnell abtauchen wie Wale, wenn wir kommen.
Noch vor einigen Jahren wurden die Eisfjordfahrten mit den für Grönland  typischen roten Fischkuttern durchgeführt und es gab an den wenigen Tagen, an denen Touristen zu Besuch waren eben etwas weniger Fisch, dafür ein ordentliches finanzielles Zubrot. Heute ist der Tourismus hier stärker verbreitet und auch kommerzieller und professioneller geworden. Die Fischerboote hatten natürlich mehr Charme. Allerdings konnte man sich nur oben auf Deck aufhalten, es gab keinen Platz für frierenden Touristen im Schiffsinneren, denn dieses war dem Laderaum für den Fang und den Maschinen vorbehalten. Und in das kleine Steuerhaus passten maximal 3 Leute. Das ist heute alles viel komfortabler und frieren muss niemand mehr
Da wir wieder mal Sonnenschein haben, halten wir uns nicht erst gar nicht im Inneren des Bootes auf und die ungefähr 10 Passagiere verteilen sich gleichmäßig auf das Vorder- und Achterdeck. Den Versuch, das Gesehene mit Worten zu beschreiben kann ich mir eigentlich gleich schenken, denn so eine Beschreibung wird das nie richtig wiedergeben können. Vielleicht vermitteln die Bilder eher einen Eindruck des erlebten. Aber auch die Bilder werden es nicht ganz wiedergeben können, zeigen sie doch nur immer einen Ausschnitt des Gesamtpanoramas, das sich jedes Mal wieder ändert, wenn man um einen weiteren Eisberg gekurvt ist. Besonders eindrucksvoll wird die ganze Szenerie, als der Bootsführer den Motor abstellt. Die Stille und die unterschiedlichsten bizarren Formen der unzähligen Eisberge, seien sie nun riesig groß oder mittel oder klein, erzielen beim Betrachter seine Wirkung – unbeschreiblich eben.
Gerade erst losgefahren, sind zwei Stunden schon wieder um und wir werden zurück zur MS ASTOR gebracht, die hinter einem Gürtel von Eis auf uns wartet. Gefroren haben wir übrigens nicht. Erstens schien die ganze Zeit über die Sonne und zweitens waren wir wieder richtig warm eingepackt. Die Bootsfahrt hätte ruhig länger dauern können.

Bilder einer Bootsfahrt

Bei den folgenden Bildern von unserer Bootstour sind nähere Erläuterungen und Bildunterschriften nicht notwendig und daher weggelassen.

2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9010 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9029 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9042 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9050 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9051 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9053 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9062 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9073 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9083 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9088 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9095 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9096 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMG_9099 [50%] 2013_08_07_Ilulissat_Grönland_IMGP8096 [50%]

15. Tag Donnerstag 8.8.2013 – Umanaq/Grönland

Über Nacht hat uns die MS ASTOR zu unserem nördlichstem Reiseziel gebracht, dem kleinen Ort Umanaq. Für die Schreibweise dieses Ortes gibt es sowohl hier auf dem Schiff als auch bei Wikipedia zwei Varianten, nämlich Umanaq und Uummannaq.
Selbstredend hätte wir auch heute früh keinen Wecker gebraucht, denn die Ankerwinde mit der schweren Ankerkette befindet sich ja vermutlich direkt unter meinem Bett und tat um halb sieben ihren Dienst.
Umanaq (ich benutze diese Schreibweise, das spart Buchstaben) hat knapp 3000 Einwohner. Für dieses Ziel werden nicht einmal Ausflüge verkauft, es ist lediglich ein “individueller Landgang“ vorgesehen  Der Ort bietet neben einem Museum noch einige alte Gebäude aus der Kolonialzeit, eine Kirche von 1935 und drei traditionelle Inuit-Häuser, so jedenfalls lehrt uns die Landgangs- und Hafeninformation, die wir gestern Abend erhalten haben.
Das Ganze bleibt aber bloße Theorie, denn um 8:00 Uhr erfolgt die Durchsage, dass auf Grund des hohen Schwalls von bis zu einem Meter ein sicheres Einsteigen in und Austeigen aus den Tenderboot nicht möglich ist. Bei Schwall, das sind sehr langgezogene Wellen, kommt es zum “Fahrstuhleffekt“ zwischen Schiff und dem längsseits vertäutem Tenderboot. Im Idealfall liegen Unterkannte Ausstiegsluke und Oberkannte Bordwand des Tenderboots auf gleicher Höhe und die Bordwand des Tenders liegt dicht an der Bordwand der MS ASTOR. Bei ruhiger See triften die Bordwände nur wenig auseinander und wieder zusammen und insbesondere das Höhenniveau Oberkannte Bordwand und Unterkannte Luke geht nur wenig auseinander und das Ein- und Aussteigen ist relativ einfach, insbesondere, weil zusätzlich bis zu 4 Crewmitglieder kräftig Hilfestellung geben. Beim “Fahrstuhleffekt“ schwankt das Höhenniveau enorm, die Oberkannte der Tenderbordwand ist mal einen Meter unterhalb der Einstiegsluke und dann wieder überhalb. Dann muss man beim Ein- und Austeigen diese Auf- und Abwärtsbewegungen mit berücksichtigen und den richtigen Augenblick zum Ein- und Aussteigen abpassen. Das ist durchaus möglich, wenn man genügend beweglich, sportlich und reaktionsschnell ist, aber das sind eben nicht alle Passagiere. Also werden die beiden Tender, die im Wasser kreuzen und mit Crewmitgliedern schon mal probeweise Richtung Anleger gefahren sind, wieder aufs Schiff hochgezogen.
Zum Ausgleich für den gestrichenen Landgang fahren wir noch ein Stück in nördlicher Richtung, wo sich steuerbord (rechts) die Westküste Grönlands befindet und Backbord sich eine Menge von Inseln und Inselchen aneinanderreihen und es noch viel Landschaft und Eisberge zum Gucken gibt. Um 12:45 Uhr haben wir den endgültigen nördlichsten Punkt unserer Reise  erreicht, nämlich 71 Grad 59 Minuten Nord. Nun werden wir einen U-Turn um die Inselkette machen und die nächsten drei Tage exakt nach Süden fahren, bis wir auf Neufundland in Kanada treffen werden.

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16. Tag Freitag 9.8.2013 – Auf See

Wir fahren immer noch schnurstracks nach Süden, die Tagestemperatur kommt über 10° C nicht hinaus. Unsere Position um 10:00 Uhr beträgt 66° 29′ Nord und 55° 35′ West.

17. Tag Samstag 10.8.2013 – Auf See

Auch heute passiert kaum etwas, das sich lohnt zu berichten. So greife ich wieder zu dem journalistischen Trick und gebe die heutigen Positionsangaben von 10:00 Uhr wieder. Wir befinden uns auf einer geografischen Breite von 60° 19′ Nord und einer Länge von 55° 23′ West.
Um 19:00 Uhr kommt über die Schiffslautsprecher die Durchsage, dass mit Sturm zu rechnen ist und es werden Verhaltensmaßregeln gegeben. Immer gut festhalten und in den Kabinen aufpassen, dass man nicht von plötzlich schwingenden Schranktüren oder der Badezimmertüre getroffen wird.
Wir machen die Kabine Sturmfest, das heißt, auf allen Ablageflächen, wie Schreib- und Nachttisch legen wir Antirutschmatten aus, die sich schon auf unserer letzten Reise sehr bewährt hatten.
Der angekündigte Sturm kommt aber nicht so richtig in Gang, zu mehr als Seestärke 5 kann er die Wellen nicht antreiben, sodass das Schiff nur relativ wenig schwankt und schaukelt.

In der Schiffsbibliothek - der Blogger bei der Arbeit.

In der Schiffsbibliothek – der Blogger bei der Arbeit.

18. Tag Sonntag 11.8.2013 – Auf See

Es schaukelt immer noch ein wenig. Unsere Position um 10:00 Uhr beträgt 54° 39′ Nord und 55° 11′ West. Die Temperatur ist auch wieder ein wenig angestiegen. Man sieht an den Positionsangaben sehr schön, dass wir immer noch ziemlich genau Südkurs fahren, nämlich bis auf wenige Winkelminuten Abweichung auf dem 55. Längengrad westlich von Greenwich runterrutschen.
Heute wird der normale Schiffsalltag, der an solchen Seetagen an Bord herrscht durch einen Frühschoppen auf dem Achterdeck unterbrochen. Es gibt Freibier, Würstchen, Leberkäse und Spanferkel. Um 12:15 Uhr ist die Sache auf einen Schlag vorbei. Das Summertime Duo, die Schlager und Stimmungsmusik gemacht haben (aber auch weitaus mehr können), hören auf zu spielen, man findet keinen der Kellner mehr, die aus großen 3-Liter Glaskannen großzügig die Gläser nachfüllen und das Büffet wurde bereits in Windeseile abgebaut. Das ist auch gut so, schließlich wollen alle um 12:30 Uhr pünktlich zum Mittagessen.

Doris fängt an zu Schniefen und zu Husten und fühlt sich etwas wackelig auf den Beinen und das kommt wirklich nicht vom Frühschoppen, sie war nämlich gar nicht dort.

 Kanada

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19. Tag Montag 12.8.2013 – St. Anthony/Kanada

Um 7:00 Uhr werden wir wieder mal durch die Ankerkette geweckt. Wir haben Kanada erreicht und liegen vor dem kleinen Ort St. Anthony auf Reede. St. Anthony befindet sich an der Nordspitze von Neufundland. Neufundland wiederum ist eine Insel, die dem kanadischen Festland vorgelagert ist.
So wie Deutschland in Bundesländer untergliedert ist, so besteht Kanada aus verschiedenen Provinzen. Die Insel Neufundland gehört zur Provinz “Neufundland und Labrador“. Solche zusammengesetzte Konstrukte haben wir in Deutschland auch, z.B. Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz, nur dass wir statt des Wörtchens “und“ einen Bindestrich haben.
Labrador wiederum ist eine Bezeichnung für eine Halbinsel, die zu einem Teil zur bereits genannten Provinz “Neufundland und Labrador“ und zu einem anderen Teil zur Provinz Québec gehört. Warum ich das so ausführlich erläutere? Deshalb, weil das morgige Reiseziel von Transocean mit Red Bay(Neufundland) angegeben wird. Red Bay befindet sich jedoch auf dem Festland, genauer auf der Halbinsel Labrador, wie ich der Seekarte, die in der neben der Schiffsrezeption hängt, deutlich entnehmen konnte. Also kann Red Bay nicht gleichzeitig auf der Insel Neufundland liegen. Es hätte also entweder Red Bay(Labrador) oder Red Bay (Neufundland und Labrador) heißen müssen. Alles klar? Doris meint, ich sei ein Korinthenka….
So jetzt zurück zu unserem heutigen Reiseziel, St. Athony. Ich tender alleine an Land, weil die Erkältung von Doris nicht besser geworden ist. Gleich am Anleger befindet sich das Grenfell House. Sir Wilfred Grenfell war ein englischer Arzt, der ab Ende des 19. Jahrhunderts in Neufundland damit begann, Krankenhäuser, Schulen und Heime zu errichten. In diesem Grenfell House befindet sich auch eine kleine Cafeteria, in der es neben preiswerten Getränken und kleineren Gerichten das allseits beliebte kostenloses WLAN gibt. Na klar, dass ich mich da zunächst einmal niederlasse und die nächsten zwei Stunden damit beschäftigt bin, die vorbereiteten Berichte und Bilder in meinen Blog einzubauen.
Anschließend sehe mich etwas im Ort um. Er zieht sich über mehrere Kilometer entlang der Bucht, vor der wir auf Reede liegen. Was dem Auge angenehm auffällt, sind Wälder. Es handelt sich zwar nur um Nadelwald mit nicht allzu großen Bäumen, aber gegenüber dem absolut baumlosen Grönland durchaus eine Attraktion.
Ich hoffe immer noch ein Geschäft zu finden, dass mir einen neuen Scherkopf für meinen Rasierapparat verkaufen kann. Grönland war diesbezüglich eher ungeeignet. Aber auch hier werde ich nicht fündig. Ein Schneemobil hätte man mir allerdings sofort aushändigen können, das war auf Lager.
Um halb drei tendere ich zurück zu Schiff und Frau.
Als Zugabe gibt es am späten Nachmittag auf der Backbordseite des Schiffes einen Wal zu sehen.
Um 22:00 Uhr legen wir ab, um in das nahegelegene Red Bay zu schippern.

St. Anthony City Limit

St. Anthony City Limit

Dieses Feuerlöschflugzeug zur Bekämpfung von Waldbränden  wurde zum Gedenken an einen beim Einsatz ums Leben gekommenen Feuerwehrmann als Denkmal nitten im Ort aufgestellt.

Dieses Feuerlöschflugzeug zur Bekämpfung von Waldbränden
wurde zum Gedenken an einen beim Einsatz ums Leben gekommenen Feuerwehrmann
als Denkmal nitten im Ort aufgestellt.

Dieses Prachtexempar könnte direkt aus einer Erzählung von Jack London entsprungen sein.

Dieses Prachtexempar könnte direkt aus einer Erzählung von Jack London entsprungen sein.

Die MS ASTOR auf Reede...

Die MS ASTOR auf Reede…

... und unser Tenderboot an der Anlegestelle.

… und unser Tenderboot an der Anlegestelle.

20. Tag Dienstag 13.8.2013 – Red Bay/Kanada

Schon wieder weckt uns der Anker. Unsere Zeit zum Aufstehen ist eigentlich halb acht und nicht sieben, wir die Ankerkette immer meint. Wir liegen vor der kleinen Ortschaft Red Bay in der Provinz Neufundland und Labrador im Südosten der Halbinsel Labrador.
Per Tenderboot geht es wieder an Land, immer noch ohne Doris, die sich noch schonen will. An der Anlegestelle gibt es einen kleinen Informationsstand. Hier erhalte ich von einer jungen Dame eine Karte des Ortes und ich frage natürlich nach, wo man ins Internet kommen kann. Besagte junge Dame markiert auf der Karte das Town Centre und erklärt mir, wie ich dorthin komme. Das Problem ist nur, ich verstehe kein einziges Wort. Ich war zwar in der Schule in Englisch nie besonders gut, die Noten schwankten zwischen befriedigend und mangelhaft, je nach Tagesform, aber ein wenig ist doch hängen geblieben. Zu meiner Beruhigung verstand eine Passagierin vom Schiff, die hinter mir stand, genau so wenig. Ich denke, ein deutsch sprechender Engländer, der zu Besuch im Bayerischen Wald ist, könnte ähnliche Probleme bekommen.
Nach wenigen hundert Metern treffe ich auf eine noch jüngere kanadische Dame (10-12 Jahre), die hinter einem Tisch sitzt, selbstbemalte Muscheln und anderes Bastelwerk, sowie gekühlte Limonade an die Kreuzfahrer verkauft, welche das an sich ruhige und sehr beschauliche Örtchen heuschreckenartig bevölkern. Ich kaufe ihr für 2 kanadische Dollar (ca. 1,50 Euro) eine bemalte Muschel ab (Motiv: Fluke eines Wals) und frage nach den Weg zum Town Centre. In klarem verständlichen Englisch erhalte ich eine äußert präzise verständliche Wegbeschreibung. Ich bedanke mich: „Thank you very much.“ Und sie antwortet, wie der englische Knigge es vorschreibt: „You are welcome.“ Gute Geschäftsideen gepaart mit guten Umgangsformen – ich denke, diese noch ganz junge Dame wird ihren Weg gehen.
Ich marschiere weiter Richtung Town Centre, das ist so eine Art Dorfgemeinschaftshaus mit angegliedertem Museum über den Walfang, der hier zeitweise betrieben wurde. Leider ist die Internetverbindung gestört, sodass ich mich weiter auf den Weg mache. Der Weg ist eine Straße, die um die Red Bay Bucht verläuft, in einer Länge von vielleicht 5-6 Kilometer. Auf dieser Strecke verteilt und verdünnt sich dann auch nach und nach die Invasion der sogenannten “freien Landgänger“ der MS Astor, das sind diejenigen, die ohne organisierten Ausflug an Land gehen. Zwischen den einzelnen typischen kanadischen Holzhäusern, die sich links und rechts von der Straße befinden, ist oft viel Platz, manchmal braucht es mehrere hundert Meter, bis wieder einige Häuser auftauchen.
In einem Tankstellenshop mit drei oder vier Tischen und Stühlen mache ich eine Kaffeepause und wandere wieder zurück. Auf dieser kleinen Wanderung hat man einen schönen Blick auf die Bucht und die umliegende Natur. Aber wie in Grönland kann ich hier nicht über Superlative berichten. Hier ist einfach nur gemütlich, beschaulich und urwüchsig.
Um 20:00 Uhr heißt es: „Anker auf!“ und die Reise geht weiter.

Der Abend auf dem Schiff wartet mit 2 Sensationen auf. Zum einen wird in der Astor-Lounge zum “Opernball“ eingeladen, zum anderen wird vor dem Captains Club ein Dessert-Buffet aufgebaut. Der Opernball ist schon mal nix für mich, habe ich doch in meinem Leben zwei Tanzlehrer verschlissen, die ob meiner Talentfreiheit jeweils kurz davor waren, ihren Beruf zu wechseln.
Bleibt also noch das Dessert-Buffet. Das aber ist eigentlich nichts weiter als eine Ansammlung der verschiedenen Nachtische, die es bereits zu den Malzeiten gegeben hat. Zusätzlich lockern noch selbstgefertigte Pralinen und XXL-Rumkugeln das Ensemble auf, das, zugegebenermaßen sehr hübsch, dekorativ und gekonnt aufgebaut wurde. So richtig zu sehen bekam ich das ganze allerdings nicht. Eine Heerschar von meist männlichen Fotografen belagert die Stelle, wo man das Buffet vermutet. Ein zufällig vorbeikommender Beobachter könnte meinen, dass hier Paris Hilton im Badeanzug über einen roten Teppich schreitet, dabei gibt es nur einige Schokoladenpuddings zu fotografieren.

Willkommen in Red Bay

Willkommen in Red Bay

Junge Business-Lady. Heute im Angebot: Selbst bemalte Musscheln und gekühlte Limonade.

Junge Business-Lady. Heute im Angebot: Selbst bemalte Musscheln und gekühlte Limonade.

Steinere Totems, alten indianischen Tradionen nachempfunden.

Steinere Totems, alten indianischen Tradionen nachempfunden.

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Kanada Teil 2

21. Tag Mittwoch 14.8.2013 – Auf See

Die Position heute um 10:00 ist: 49° 58 Nord und 60° 58′ West. Wir befinden uns also etwas südlicher als Frankfurt/Main, aber die Temperatur ist mit 17° C gut 10 Grad niedriger als im hochsommerlichen Deutschland.
Für den Abend ist auf dem Achterdeck ein kanadischer Abend mit Country Music, Hotdogs und Hamburgern angesagt, aber wegen aufkommenden Regens wird die Sache ins Schiffsinnere in die Astor Lounge verlegt. Da das Repertoire der Musiker und Sänger bezüglich Country Songs doch arg beschränkt ist, weicht man notgedrungen sehr schnell auf gängige Popsongs aus, was aber der Stimmung keinen Abbruch tut. Es wird getanzt, vielleicht nicht ganz so ausgelassen wie es auf dem Außendeck gewesen wäre, denn dort ist die Atmosphäre irgendwie zünftiger. Aber im Großen und Ganzen ein gelungener Abend. Und wenn die Hotdogs nicht lauwarm bis kalt gewesen wären, sondern….. – nein heute keine destruktive Kritik mehr!

22. Tag Donnerstag 15.8.2013 – Sept- Îles /Kanada

Heute weckt uns nicht der Anker oder der Bugstrahler sondern der Wecker. Erst eine Stunde später legen wir an der Pier von Sept-Îles (auf Deutsch: 7 Inseln) an. Wir befinden uns in der Provinz Québec und hier ist die Amtssprache Französisch und nicht Englisch. Sept- Îles ist eine größere Stadt mit ca. 26.000 Einwohnern. Sie liegt auf dem Festland in der Bucht Baie des Sept Îles und dieser Bucht sind sieben kleine Inseln vorgelagert, daher der Name.
An der Pier wurde wegen unserer Ankunft, nicht der von Doris und mir, sondern wegen der MS ASTOR, ein großes Zelt errichtet, in dem es alles gab, was das Touristenherz begehrt:

–       Informationsmaterial einschließlich Baumwolltasche,

–       Ticketschalter für einen Hop-On-Hop-Off Shuttleservice

–       Verkaufsstände mit Souvenirs, Kunsthandwerk, Postkarten und Briefmarken

–       Kostenloses und schnelles WLAN

Ganz klar, dass wir erst einmal ausgiebig den angebotenen Internetzugang nutzen. Hierfür gab es in ausreichender Zahl Bistrotische und passende Hocker, sodass man nicht mit dem Laptop auf dem Schoß, sondern relativ bequem arbeiten konnte.

Als nächsten interessieren wir uns für den Hop-On-Hop-Off Shuttleservice. Das zugehörige Informationsblatt zeigt die Haltestellen und die dort zu Fuß erreichbaren Anlaufpunkte. Diese Anlaufpunkte waren in der Regel aber nur irgendwelche Geschäfte und Banken, die uns nicht so interessierten, dass wir da extra mit dem Bus hinfahren. Außergewöhnlich fanden wir das ausgeklügelte Preis- und Tarifkonzept, welches in Anbetracht der ausländischen Touristen hier Anwendung findet. Ein Ticket kostet 10 kanadische Dollar (=7,50 EUR) oder wahlweise 10 US-Dollar oder wahlweise 10 Euro. Dadurch war die Wechselgeld- und Wechselkursproblematik auf ein Minimum beschränkt – wirklich clever
Unser touristisches Konzept legen wir auf Basis des vorhandenen Info-Materials und der immer noch nicht komplett gesundeten Doris wie folgt fest. Spaziergang entlang der neu gestalteten Uferpromenade, vorbei am Fischereihafen zur Hauptgeschäftsstraße im Old Downtown District .
Die Promenade ist wirklich hübsch und wir laufen immer wieder gerne am Wasser entlang und betrachten die verschiedenartigen Schiffe und Boote, die im Hafen liegen.
Ein kleines Fischrestaurant hat als Blickfang einige riesige Knochen eines Wals hingestellt.  Also Fotostopp.
Im Fischerhafen ist absolut nichts los. Wir erfahren, dass zurzeit keine Fischsaison ist. Ich glaube, man fängt hier (wenn mal Saison sein sollte) Kabeljau. Wir passieren einige kleine Pavillons, wo einheimische sitzen und Karten spielen. Wir kommen an einer kleinen Halle vorbei, wo man einheimische Glaskunst, Schmuck und Holzarbeiten anbietet. Genaugenommen kommen nicht vorbei, sondern gehen rein  und kaufen ein kleines Souvenir. Wir kommen mit den Frauen, die diese kunsthandwerklichen Dinge verkaufen ein wenig ins Gespräch. Zunächst versuchen sie es auf Französisch, wahrscheinlich weil wir ordentlich „Bon jour“ gesagt haben. Nach meinem verzweifelten: „Nix parlez-vous français“ wechselt man zum englischen. Hier merkten wir, dass nicht alle gleichermaßen gut Englisch sprechen können. Englisch ist hier also tatsächlich eine Fremdsprache, und das mitten auf dem Nordamerikanischen Kontinent.
Wir verlassen die Promenade, um zum Old Downtown District zu gelangen. Dort angekommen reiben wir uns die Augen. Was immer wir uns da auch vorgestellt haben mögen, es entspricht dem nicht. Wir befinden uns in einer langweiligen Straße (siehe Foto weiter unten), in der tatsächlich ab zu ein Geschäft zu finden ist, so auch ein interessanter Laden für Jagt und Angelbedarf, aber mit einer Geschäftsstraße im historischen Stadtkern einer deutschen Stadt hat das ganze recht wenig zu tun. Ich glaube, bummeln ist hier nicht gefragt, hier fährt man einfach mit dem Auto vor, meist ist das ein geländegängiger Pickup.
Nach diesem letztlich doch erkenntnisreichen Bummel geht es wieder zurück aufs Schiff.

Die "Hauptgeschäftsstraße"

Die „Hauptgeschäftsstraße“

Das kostenlose Internet wird von den Passagieren und der Crew gleichermaßen geschätzt.

Das kostenlose Internet wird von den Passagieren und der Crew gleichermaßen geschätzt.

23. Tag Freitag 16.8.2013 –Kreuzen im St. Lorenz Strom

Heute am frühen Morgen sind wir in den St. Lorenz Strom eingebogen und fahren nun flussaufwärts nach Montreal, das wir morgen früh erreichen werden. Gegen 19:00 Uhr passieren wir Québec, Namensgeber der gleichnamigen Provinz. Geologen sagen, dass eigentlich erst hier der St. Lorenz Strom beginnt, weil bis hierher der Atlantik dafür sorgt, dass das Wasser salzhaltig ist.
Die Hälfte unserer Reise ist nun vorbei.

24. Tag Samstag 17.8.2013 –Montréal

Da sich unsere Ankunft um 1 Stunde auf 8:00 Uhr verschoben hat, weckten uns die Bugstrahler des Schiffes nicht, sondern ganz normal der Wecker.
Montréal ist mit 1,6 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Kanadas und nach Paris die zweitgrößte französischsprachige Stadt.

Jetzt um 10:00 Uhr sind wir für den Landgang gerüstet und verlassen das Schiff. Im Kreuzfahrer Terminal ist ein Informationsstand aufgebaut, wo wir von einer deutsch sprechende Dame Kartenmaterial und Antworten auf unsere Fragen nach U-Bahn, Internet und bestimmten Sehenswürdigkeiten erhalten können. Hier erleben wir zum wiederholten Mal, dass es eine unendliche Vielfallt an Vordrängeltechniken gibt. Durch solche Techniken gelingt es einer unangenehmen Abart des ansonsten sozial verträglichen Touristen, sich auf unfaire Weise Vorteile gegenüber den “Normalos“ zu verschaffen. In diesem speziellen Fall funktioniert das folgendermaßen:
Eine Passagierin fragt uns nett, ob sie uns über die Schulter schauen darf, während wir uns die gewünschten Informationen von der Mitarbeiterin der Tourist-Information geben lassen. Natürlich stimmen wir zu. Besagte Dame stellt aber sehr schnell mal eine kurze Zwischenfrage hier und eine längere Zwischenfrage da, sodass wir plötzlich nur noch Zaungäste unseres eigenen Informationsgesprächs sind und wir gar nicht mehr dazu kommen, unsere Fragen zu stellen. Die Frau von der Tourist-Info hat gar nicht registriert, wie man sie geschickt von uns weggelockt hat. Als wir schließlich anmerken, dass dieses Vorgehen doch etwas “über die Schulter schauen“ hinausgeht, verabschiedest sich die Dame fröhlich grüßend und lächelnd von uns, als wäre nichts gewesen.
Jetzt erhalten wir also doch noch unsere letzten Infos, unter anderem das Kennwort, für das kostenlose, aber kennwortgeschützte WLAN hier im Terminal.

Zu Fuß machen wir uns unserem ersten Ziel, die nächsten U-Bahn-Station. Unterwegs stoßen wir automatisch auf eine Sehenswürdigkeit, die Kathedrale Notre Dame, die der gleichnamigen Kathedrale in Paris auch sehr ähnlich sieht. Die Schlangen vor den Eingängen sind lang und es kostet Eintritt, sodass wir beschließen, dort nicht hineinzugehen. Wir werden sicherlich noch eine Kirche mit freiem Eintritt finden.
Gegenüber von Notre Dame befindet sich das im alten Stil erbaute monumentale Gebäude der Banque de Montréal. Auf den Stufen des Eingangs posiert ein japanisches Manga-Mädchen für ein Fotoshooting. Mangas sind eigentlich japanische Comic-Figuren, aber es gibt mittlerweile eine Bewegung, deren Anhänger sich zu bestimmten Anlässen wie ihre Manga-Vorbilder verkleiden und schminken. Und so ein Anlass ist dieses Wochenende in Montréal, ein Manga-Treffen, denn in der Stadt werden uns noch viele weitere dieser schrillen und bunten Exemplare begegnen.
Aber nicht nur bunte Mangas begegnen uns, sondern auch Sportler, die anscheinend in einen Farbeimer gefallen sind. Des Rätsels Lösung: Es sind Teilnehmer des Laufs “The Color Run“, einem 5-Km Lauf, dessen Zweck zum einen ist, Spenden für karitative Zwecke zu sammeln und zum anderen, den Zuschauern die Möglichkeit  zu geben, die Läuferinnen und Läufer mit Farbe zu bespritzen. Man muss diese bunten Gestalten nur Fragen, man erhält bereitwillig Auskunft.
Wir erreichen schließlich die U-Bahn-Station Place d’Arms, wo wir uns jeder ein Wochenendticket kaufen wollen. Da wir heute und am morgigen Sonntag Montréal liegen, sind die 12 kanadischen Dollars für so ein Ticket sicher gut angelegt.
Die U-Bahn hier ist insofern einzigartig, da sie nicht auf Stahlrädern fährt, wie sonst die meisten Bahnen auf der Welt, sondern auf Rädern mit Reifen, wie bei einem Auto. Schienen halten die Bahn in der Spur.
Unsere erste Fahrt mit der U-Bahn geht zur Station McGill. Hier im Zentrum von Montréal ist einer der zahlreichen Einstiege in die “Unterwelt“. Denn Montréal ist quasi unterkellert. Auf mehreren Km2 befinden sich unter der Erde auf bis zu 3 Etagen dutzende Einkaufszentren. Das schauen wir uns natürlich an. Aber irgendwann wiederholt sich alles, Lederwaren, Klamotten, Restaurants, Schmuck Schuhe (so viele Schuhgeschäfte, dass sogar Doris die Lust verliert, sie alle zu durchstöbern) und sonstige nützliche und unnütze Dinge.
Wir streben wieder dem Tageslicht zu und suchen uns ein kleines Hamburger-Restaurant, wo man schön draußen am Boulevard sitzen kann, vor der Kulisse der architektonisch interessanten Hochhäuser. Dort essen wir den besten Hamburger, den wir je hatten. Vergesst den Schrott von McDonalds, Burger King und Konsorten, hier spielt man in einer anderen Liga. Das Fleisch ist äußerst schmackhaft, das Sesambrötchen kross getoastet, das Ganze wird auf einem Porzellanteller serviert und man kann mit Messer und Gabel essen. Das Restaurant nennt sich O-Burger, gehört möglicherweise zu einer Kette und wenn ja, sollte man die sich gut merken. Es gibt natürlich WLAN (Kennwort: burger514).
So gestärkt geht es weiter mit der U-Bahn zur Station Champ de Mars, von wo aus es nicht mehr weit zum Rathaus ist. Es ist Nachmittag, die Sonne scheint und im Rathaus werden wie am Fließband Brautpaare produziert.
Vom Rathaus führt eine Straße hinab zum alten Hafen von Montréal. Auf dieser Straße und in der deren Seitensträßchen brodelt das touristische Leben, wobei das nicht mal abwertend gemeint ist. In der Straßenmitte Straßenmusiker, Gaukler und Artisten, Maler, links und rechts Restaurants, Galerien und Bars und dazwischen wuseln die Touris. Da es ein wenig an Paris erinnert, könnte man diese Gegend durchaus als Petit-Monmatre bezeichnen.
Eine Gruppe von Hare Krishna Jüngern zieht mit lautem Sing-Sang die Straße, die Brautpaare werden, vom Hochzeitsfotografen gescheucht, und die Straße hoch und runter getrieben und wir stehen mittendrin und schauen alledem fasziniert zu.
Auf unserem Weg weiter nach unten Richtung St. Lorenz Fluss, treffen wir Bekannte vom Schiff, die faul im Außenbereich eines der vielen Restaurant sitzen und ihren touristischen Verpflichtungen nicht nachkommen. Sie wissen allerdings von einem Reggae-Festival zu berichten, das dieses Wochenende irgendwo in der Stadt stattfinden soll. Und richtig, unten am alten Hafen angekommen, höre ich aus der Ferne Bässe wummern. An der Uferpromenade fallen unter den Leuten, die sich Richtung flussabwärts bewegen, an der Kleidung immer wieder die Farben schwarz-gelb-grün auf, die Farben von Jamaica, dem Heimatland des Reggae. Diesen Spuren folgend, gelangen wir tatsächlich zum Festivalgelände, genauer vor das Gelände, denn es ist natürlich abgesperrt und man müsste sich erst in die sehr sehr lange Schlange einreihen, um ein Ticket zu kaufen (60 kanadische Dollar). Aber als Zaungast bekommt man doch etwas von der Musik mit, auch wenn man die Bühne nur von hinten sehen kann.
Jetzt wollen wir aber langsam zurück zum Schiff und wir müssen uns deshalb wieder Richtung flussaufwärts bewegen. Der Weg zieht sich und man merkt, dass man Füße hat, die mittlerweile wehtun. Grund genug, es unseren Bekannten gleich zu tun, und sich in eines der Straßencafés zu setzen und etwas zu trinken. Hier kann man prima die Welt an sich vorbeiziehen. In Montréal leben viele ethnische Gruppen, sodass die Menschen, die an uns vorbeiziehen, in der Tat zu einem bunten Straßenbild beitragen.
Kaputt, aber wieder mal voller Eindrücke kommen wir zurück aufs Schiff.

Eine Manga-Schönheit vor der Banque de Montréal.

Eine Manga-Schönheit vor der Banque de Montréal.

Zwei Teilnehmerinnes des Farbenlaufs (The Color Run)

Zwei Teilnehmerinnes des Farbenlaufs (The Color Run)

Hier fährt die U-Bahn mit Pneus

Hier fährt die U-Bahn mit Pneus

Vor dem Rathaus. Kleine Stärkung für die Brautjungfern. Die Braut muss fasten.

Vor dem Rathaus. Kleine Stärkung für die Brautjungfern. Die Braut muss fasten.

Impression von Petit-Monmatre

Impression von Petit-Monmatre

Typisches Straßencafé

Typisches Straßencafé

Künstler posiert mit Touristin

Künstler posiert mit Touristin

Einlass zum Reggae-Festival.

Einlass zum Reggae-Festival.

25. Tag Sonntag 18.8.2013 –Montréal

Der zweite Tag in Montréal ist für viele Passagiere der Abreisetag, den heute endet die erste Etappe der Reise. Fünf der abreisenden Gäste haben im Laufe der letzten Tage nach der Adresse dieses Blogs gefragt, die ich ihnen natürlich gerne gegeben habe. Damit habe ich die Anzahl meiner Leser wahrscheinlich um etwa 50% in die Höhe getrieben.
Konkrete Ziele stehen bei uns heute nicht auf dem Programm, wir wollen den Tag etwas ruhiger gestalten. Gegen 10:00 Uhr laufen wir ein wenig Richtung flussabwärts, aber nicht am Ufer entlang, sondern etwas weiter “innen“ in der Stadt auf der Rue Saint-Paul. Alles ist noch ruhig und verschlafen. In einem Souvenirgeschäft kaufen wir Postkarten und Briefmarken. Wir kommen an eine Kirche, die offen ist und wo es keinen Eintritt kostet. Wir setzen uns gerne mal für einen Augenblick in eine Kirche und genießen die Ruhe, betrachten die bunten Kirchenfenster und die meist kunstvoll gestalteten Altäre und hängen den Gedanken nach. Bevor wie wieder gehen, werfen wir einige Münzen in den Opferstock und zünden eine Kerze an.
Gegenüber der Kirche befindet sich ein großes auffälliges Gebäude mit einer silbernen Kuppel, der Marché Bonsecours. Hierin befinden sich etliche Läden, Boutiquen und Kunstgalerien. Hier fallen sogar mir, einem ausgesprochenen Modemuffel die ausgefallenen und dennoch schicke und tragbare Kleidung auf. Das ein oder andere Stück hätten wir durchaus gerne gekauft. Aber die Kleiderschränke zu Hause sind voll.
Allmählich stellt sich ein kleines Hungergefühl ein. Wir beschließen spontan, wie gestern, noch einen der Superhamburger im Restaurant  O-Burger zu essen. Mit der U-Bahn fahren wir also wieder zur Station McGill, erwischen aber den falschen Ausgang, der uns irgendwo hinführt, wo es nichts gibt, was wir gegenüber gestern wiedererkennen können. Also studieren wir den Stadtplan. Eine Frau, fragt, ob sie uns helfen kann. Wir bitten sie, uns auf dem Plan zu zeigen, wo wir sind. Das tut sie auch und noch viel mehr. Sie zählt uns alle Sehenswürdigkeiten auf, erklärt uns, wie wir zu Fuß zum Hafen zurückkommen können, wohin man kommt, wenn man von hier nach rechts geht und wohin man kommt, wenn man von hier nach links geht. So ganz nebenbei erwähnt sie, dass da unten, zwei Blocks weiter, die Gay Parade vorbei kommt. Nach realen 5 – 10  und gefühlten 30 Minuten gibt sie uns die Gelegenheit, uns zu bedanken und zu verabschieden. Jetzt verstehen wir auch, warum hier ein Polizeiauto steht und die Straße absperrt – die Gay Parade, genau da wollen wir natürlich jetzt auch hin. Vergessen ist der Hunger und der verlockende Hamburger. Genau in dem Moment, an dem wir die besagte Straße zwei Blocks weiter erreichen, kommt die Tête (französisch: Spitze) der Parade an uns vorbei und das Spektakel nimmt seinen Lauf. Man stelle sich so ein Zwischending zwischen Loveparade und Karnevalsumzug vor, dann hat man ein ungefähres Bild, was hier abgeht. Zwischen den Fußgruppen, Motorradgruppen, Autos mit den Präsidenten von irgendwelchen Organisationen und Verbänden kommt immer mal wieder ein Motivwagen, der auch gleichzeitig für die Musikbeschallung sorgt. Irgendwann ergattern wir auch ein Fähnchen mit den bekannten Regenbogenfarben und können so viel besser und authentischer der Parade zuwinken. Es ist alles ein großer Spaß, mit ernstem Hintergrund. Die Schwulen, Lesben und Transen wollen einfach so akzeptiert werden, wie sie sind. Im Zug laufen immer wieder Gruppen mit, die mit ihrer Teilnahme diese Akzeptanz demonstrieren, darunter auch Schüler und Jugendliche. Ich glaube, dass diese Jugendliche und auch die Kinder, die am Straßenrand der Parade zusehen, nicht in ihrer sexuellen Entwicklung dadurch gestört und fehlgeleitet werden, wie das despotische Herr Putin im fernen Moskau befürchtet, ein angeblicher “lupenreiner Demokrat“ (Zitat von  Alt-Bundeskanzler Schröder; der steht mittlerweile auf der Gehaltsliste der russischen Firma GASPROM). Man muss das Ganze ja nicht unbedingt mögen, das ist aber noch lange kein Grund, es zu bekämpfen und zu kriminalisieren, wie die russischen Machthaber

Nach eineinhalb Stunden kehrt das verdrängte Hungergefühl zurück und wir machen uns auf zum O-Burger, obwohl die Parade noch nicht ganz zu Ende ist. Doch oh Schreck, der Laden hat sonntags geschlossen. Notgedrungen gehen wir unter die Erde zu einer der vielen Fressmeilen. Dort wo wir landen, gibt es 32 Schnellrestaurants, die halbkreisförmig angeordnet sind. Wir haben die Wahl japanisch, Thai, italienisch, arabisch, amerikanisch in allen möglichen Varianten zu essen. Wir landen aber wieder bei den beliebten amerikanischen Klopsen. Besser als bei McDonalds, aber bei weitem nicht so gut, wie bei O-Burger.

So gestärkt fahren und laufen wir zurück zum “Alten Hafen“ und machen noch einmal einen Abstecher zum Reggae-Festival, diesmal zu einer anderen Seite des Festivalgeländes, wo man noch besser hören kann und auch einen Blick auf die Großleinwand an der Bühne werfen kann.
Als das Schiff am Abend den Hafen von Montréal mit Ziel Québec verlässt, beginnt die zweite Etappe der Reise. Das Schiff fährt nahe am Festivalgelände vorbei, sodass uns die Reggaeklänge noch eine Zeitlang begleiten.

Gay Parade – hier sprechen die Bilder – Untertitel sind überflüssig

2013_08_18_Montreal_Kanada_IMG_9266 [50%] 2013_08_18_Montreal_Kanada_IMG_9293 [50%] 2013_08_18_Montreal_Kanada_IMG_9320 [50%] 2013_08_18_Montreal_Kanada_IMG_9324 [50%] 2013_08_18_Montreal_Kanada_IMGP8214 [50%] 2013_08_18_Montreal_Kanada_IMGP8237 [50%]x

Am Straßenrand: Ganz junge...

Am Straßenrand: Ganz junge…

... und mittelalte Zuschauer

… und mittelalte Zuschauer

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Kanada Teil 3

26. Tag Montag 19.8.2013 –Québec/Kanada

Gegen 9:00 Uhr erreichen wir Québec. Schon von weitem fällt das Wahrzeichen der Stadt, das Château Frontenac, oben auf Felsen, in der sogenannten Oberstadt von Québec, ins Auge. Dieses imposante Gebäude wurde im 19. Jahrhundert im Renaissance-Stil von der Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Railway gebaut. Heute ist es eines der exklusivsten Luxushotels in Kanada. Québec hat knapp 750.000 Einwohner und hat der gleichnamigen kanadischen Provinz seinen Namen gegeben.
Vom Schiff aus gelangen wir in wenigen Minuten in die Unterstadt, deren Bild von Natursteinhäusern und gepflasterten Straßen geprägt ist. Ein echter Hingucker sind zwei mehrstöckige Häuser, deren fensterlose Giebelwände jeweils mit einem riesigen farbigen Gemälde ausgestattet wurde, welches die Geschichte der Stadt erzählt.
Ein junger Mann in einer Handwerkskluft längst vergangener Zeiten mit einem Karren, auf dem sich seltsame Gerätschaften befinden, erregt unsere Aufmerksamkeit. Sobald wir etwas näher kommen, legt er los. Mit einem primitiven Steinbohrer zeigt er, wie man einen weichen Stein bearbeiten kann. Wir sollen raten, wozu das Ganze dient. Wir haben natürlich keine Ahnung, dass er nämlich eine Technik angewendet hat, mit der man früher Pfeifenköpfe hergestellte. Nein, nicht solche, die man heute noch ab und zu noch unter den Organisation- und Kommunikationsexperten von Transocean enddecken kann, sondern nützliche Pfeifenköpfe, wo man Tabak hineingibt. Denn das ist das Thema des jungen Mannes – Rauchen im 17. Und 18. Jahrhundert. Mitreisend und voller Begeisterung erzählt und demonstriert er, wie man mit Feuerstein und Zunder Feuer machen konnte, wie man Tabak vor Nässe geschützt hat, warum die Seeleute nicht rauchen durften und deshalb den Tabak kauten und und und…
Über diverse steile Gässchen und Treppenstufen gelangen wir schließlich in die Oberstadt zum berühmten Château Frontenac. Von hier oben hat man natürlich auch einen schöne n Blick auf den St. Lorenz Fluss.
Auf dem großen Platz vor dem Château unterhalten Akrobaten mit Saltos und Handständen ein interessiertes Publikum. Wir bummeln noch ein bisschen durch die Oberstadt, die mit ihren Restaurants, Cafés und Geschäften natürlich sehr touristisch ausgerichtet ist.
Bei diesem Bummel treffen wir wieder auf einen weiteren Straßenkünstler, eine Mischung aus Comedian und Artist. Wie hatten ja bereits Straßenkünstler in Montréal gesehen, dann welche vor dem Chateau und jetzt hier schon wieder einen. Diese Art des Straßenvarietés ist in Kanada wohl außerordentlich beliebt.  Hier lösen bzw. lösten die Künstler beim Publikum wahre Begeisterungsstürme aus. Da wird nicht nur brav Beifall geklatscht, sondern da wird gejubelt, gepfiffen, gejohlt und geschrien. Ich glaube, der Franko-Kanadier liebt das Zirzensische sehr.
In der Unterstadt wenden wir wieder den bekannten Trick an: Hinsetzen und die Leute an sich vorbei defilieren lassen.
Am Nachmittag sind wir wieder auf dem Schiff zurück und da wir nicht zu Mittag gegessen haben, genehmigen wir uns im Rahmen der täglich angebotenen Kaffeestunde ein paar Sandwiches und ein Stück Kuchen. Wir bleiben auf dem Schiff, denn morgen ist auch noch ein Tag. Man kann bei dem herrlichen Wetter auch prima auf dem Achterdeck sitzen, den Blick auf die Stadt genießen und ein Weizenbier trinken. Gegen 18 Uhr trübt ein erhöhtes Mückenaufkommen das Idyll und wir flüchten ins Innere des Schiffs und betrachten halt die Welt jetzt durch die Panoramafenster.

Das Château Frontenac aus dem 19. Jahrhundert dominiert die Silhouette von Québec.

Das Château Frontenac aus dem 19. Jahrhundert dominiert die Silhouette von Québec.

Wir lagen direkt in der der Unterstadt von Québec.

Wir lagen direkt in der der Unterstadt von Québec.

Reale Straße und Bild auf der Hauswand gehen optisch direkt ineinander über.

Reale Straße und Bild auf der Hauswand gehen optisch direkt ineinander über.

Er wusste alles über Pfeifen, Tabak, Feuerstein und Zunder aus der Zeit des 17. Jahrhunderts.

Er wusste alles über Pfeifen, Tabak, Feuerstein und Zunder aus der Zeit des 17. Jahrhunderts.

Die hölzerne Promenade und das Château Frontenac.

Die hölzerne Promenade und das Château Frontenac.

Blick von der Ober- in die Unterstadt.

Blick von der Ober- in die Unterstadt.

27. Tag Dienstag 20.8.2013 –Québec/Kanada

Da wir gestern bereits die wichtigsten touristischen Punkte abhaken konnten, können wir es heute ruhiger angehen lassen – kein Programm, keine Ziele, genau wie vorgestern an unserem zweiten Tag in Montreal.
Wie meistens, zieht es uns erst einmal zum Wasser. In der Nähe des Yachthafens fallen uns seltsame “Baumhütten“ auf. Auf einer schlanken, vielleicht 5 Meter hohen Betonsäule sitzt ein kleines Häuschen mit einem Giebeldach. An der Seite sieht man das Aggregat einer Klimaanlage und auf einer anderen Seite befindet sich die Haustüre. Wenn jemand von innen durch dieses Türe treten würde, würde er direkt die erwähnten fünf Meter herunterstützen. Es gibt von außen keine Leiter und keine Treppe In der Säule selbst, auf der das Ganze ruht .ist auch keine Tür oder Öffnung zu finden, damit man von da irgendwie in die Hütte gelangen könnte. Von diesen wundersamen Hütten stehen mehrere im Hafengelände herum. Lieber Leser, sehen Sie sich weiter unten das Bild dazu an. Wenn Sie wissen, wozu diese Gebilde dienen oder zumindest eine Vermutung oder Idee haben, hinterlassen Sie hier im Blog einen Kommentar oder schreiben mir eine E-Mail.
Als nächstes erweckt das Bahnhofsgebäude, das in einem ähnlichen Stil wie das Château Frontenac erbaut wurde. Zu den Zügen gelangt man nur über einen Check-In-Bereich wie an einem Flughafen. Das große Gepäck muss, ebenso wie beim Fliegen, aufgegeben werden. Wir machen einen ganz langen Hals und können so einen kleinen Ausschnitt des Bahnsteigs erblicken, wo auch ein Zug steht.
Dies war für uns der Beweis, dass es sich hier tatsächlich um einen Bahnhof handelt. Denn obwohl außen am Gebäude ein Schild “Gare“ angebracht ist, sieht das Gebäude nicht aus, wie ein Bahnhof, eher wie ein Hotel. Und rund um dieses Gebäude gibt es keine Schienen, also müssen die Züge unterirdisch fahren und kommen nur im Bahnhof selbst auf Straßenniveau.
Auf dem Rückweg zum Schiff kommen wir noch an einer Markthalle vorbei. Wir wollen dort Bananen kaufen, weil es die an Bord zu selten gibt. Man könnte das Schiff deshalb vielleicht auf MS OSTZONE umtaufen. Aber in diesem Markt gibt es ebenfalls keine Bananen, sondern nur Beeren, Gemüse, Äpfel, Tomaten und Kartoffeln, das aber zu Preisen wie in München beim Feinkost Käfer. Ein kleines Schälchen wahlweise mit Tomaten oder Kartoffeln kostet 5 kanadische Dollar, also etwa ein Dollar (0,75 Euro) pro Tomate oder Kartoffel.
Den Rest des Tages verbringen wir auf dem Schiff.

Der Jachthafen, das Gebäude im Hintergrund mit dem grünen Dach ist der Bahnhof.

Der Jachthafen, das Gebäude im Hintergrund mit dem grünen Dach ist der Bahnhof.

Wozu ist dieses "Baumhaus" nutze? Wer kann es mir sagen? Bitte melden!

Wozu ist dieses „Baumhaus“ nutze? Wer kann es mir sagen? Bitte melden!

Die angebotenen Lebensmittel auf diesem Markt sind außerordentlich hochpreisig. Die größeren Körbchen mit den Tomaten sind ab 10 Can-$ (7,50 Euro) zu haben.

Die angebotenen Lebensmittel auf diesem Markt sind außerordentlich hochpreisig.
Die größeren Körbchen mit den Tomaten sind ab 10 Can-$ (7,50 Euro) zu haben.

28. Tag Mittwoch 21.8.2013 –Saguenay/Kanada

Wir haben gestern Abend Québec verlassen, fahren weiter den St. Lorenz Strom flussabwärts und sind heute früh in den Saguenay Fjord eingebogen. Dieser Fjord ist etwa 100 Kilometer lang und gehört, wie der Søndre Strømfjord in Grönland (130 Kilometer, am 5.8.2013 durchfahren), zu einem der längsten Fjorden der Erde. Am Ende dieses Fjords liegt der gleichnamige Ort Saguenay, den wir gegen 14:00 Uhr erreichen. An der Pier erwarten uns viele Schaulistige Das war bei den anderen Häfen in Kanada bisher noch nicht der Fall. Außer den Zaungästen erwarten uns Artisten mit Jonglierkeulen und Hoch- und Einrädern. Sie scheinen den Circus wirklich zu lieben, die Kanadier.
Da wir keinen Ausflug machen, gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Es ist heute richtig heiß, 35º C. Im Hafenterminal gibt es Internet, aber auch darüber sollte ich keine Zeilen mehr verlieren, denn das ist in Kanada wohl Standard. Saguenay ist eine größer Stadt, die sich aber großzügig und weitläufig um das Ende des Fjords verteilt. Im Hafenbereich selbst findet man lediglich ein kleines Städtchen mit einstöckigen Holzhäusern, wie man sie aus amerikanischen Filmen kennt. Die meisten dieser Häuser haben zur Straße hin eine überdachte Veranda, wo die Leute sitzen und ihre Umgebung beobachten.
Neben der Kirche ist ein kleiner Marktplatz mit einigen Verkaufsbuden. Spätestens jetzt wäre ich mit meiner Ortsbeschreibung am Ende, wenn ich nicht noch schnell auf die Toilette gemusst hätte. Am Marktplatz hatte ich mehrere diesbezügliche ordentliche Schilder und Wegweiser mit Piktogrammen für Männlein und Weiblein gesehen. In Erwartung eines klimatisierten, sauberen hell gekachelten sanitären Raumes mit Internet und Musikberieselung, automatischen wasserhähnen, eleganten Waschbecken, High-Tec-Turbo-Händetrockner etc. folge ich den Schildern. Man kann sich sicherlich meinen etwas ungläubigen bis dümmlichen Gesichtsausdruck vorstellen, als ich vor einem Dixi-Klohäuschen stehe, welches gleichermaßen für beide Geschlechter zu gefälligen Nutzung bereit steht. Der kanadische Traum – soeben geplatzt.

Um 18:00 sollten wir wieder ablegen, mit einer knappen Stunde Verspätung geht es dann los. Nach einer guten Stunde Fahrt drehen wir allerdings um und fahren wieder zurück, weil ein Passagier ins Krankenhaus muss, so die Information, die wir offiziell erhalten. Später gibt es 2 Versionen von Gerüchten, was passiert ist, nämlich ein gebrochener Fuß bzw. ein Oberschenkelhalsbruch.
Von dieser Stelle die besten Genesungswünsche für den Patient oder die Patientin.

Frühnebel im Saguenay Fjord

Frühnebel im Saguenay Fjord

Abkühlung nach Ortsbesichtigung

Abkühlung nach Ortsbesichtigung

29. Tag Donnerstag  22.8.2013 –Auf See

Seetag – endlich mal wieder Zeit, um in Ruhe am Blog zu schreiben.
Der Tag verläuft für uns belanglos, für viele der Passagiere aber nicht, denn heute ist Kapitänsempfang und Gala-Abendessen.
Es ist schon interessant, dass die Leute mit wahrer Begeisterung im wirklich feinen Zwirn um 18:30 Uhr zur die Astor Lounge schreiten, sich in die lange Warteschlange einreihen, um den am Eingang der Lounge stehenden  Kapitän die Hand zu geben. Ein Bordfotograf hält dabei jeden einzelnen Händedruck im Bild fest.
Auch viele der Leute, die schon bei der ersten Etappe dem Kapitän die Hand gereicht haben, stehen heute wieder in der Schlange. Ein großer Anteil der Passagiere sind sogenannte Vielfahrer, die schon 20 und mehr Kreuzfahrten auf dem Buckel haben. Auch die stehen immer wieder treu bereit, dem Kapitän die Ehre zu erweisen.
Da kommt es mir folgendes in den Sinn. Wenn der Kapitänsempfang so gerne praktiziert wird, warum sollte man ihn auf Kreuzfahrten beschränken? Solch ein Ritual könnte doch auch bei Busreisen zu Anwendung kommen, zumindest bei den Mehrtägigen. Der Busfahrer erwartet an einem bestimmten Reisetag in seiner Sonntagsuniform die Busreisenden am Einstieg seines Busses und ein Fotograf lässt sich doch dazu sicher auch auftreiben. Und anschließend gehen alle zu McDonalds lecker essen.

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Kanada Teil 4

 

30. Tag Freitag  23.8.2013 –Gaspé/Kanada

Im weitläufigen Mündungsgebiert des St. Lorenz Stroms in den Atlantik im Süden der Provinz Québec an der Spitze einer großen Halbinsel  liegt der 15.000 Einwohner zählende Ort Gaspé. Hier liegen wir seit 5:30 Uhr auf Reede. Das erste Tenderboot für Nichtausflügler fährt allerdings erst um 9:00 Uhr. Wir beschließen den Tender um 9:30 Uhr zu nehmen, den wir allerdings verpassen, weil wir uns beim Frühstück verquatscht hatten. Am Hafenterminal vergeht eine gute Stunde mit der Aktualisierung des Blogs, sodass für die Erkundung des Ortes nur noch wenig Zeit bleibt, denn um 14:00 Uhr legen wir schon wieder ab. Aber so richtig verpasst haben wir dennoch nichts.

Kanu-Schulung - im Hintergrund der Ort Gaspé.

Kanu-Schulung – im Hintergrund der Ort Gaspé.

31. Tag Samstag  24.8.2013 –Charlottetown/Kanada

Unser heutiges Reiseziel ist der Ort Charlottetown, die Hauptstadt der kanadischen Provinz Prince Edward Island. Charlottetown ist ein bei Kanadiern und US-Amerikanern beliebter Ferienort. Über den Stadtbummel am Vormittag gibt es weder Sensationelles noch Skurriles zu berichten. Auch hier gefallen uns die typischen hölzernen Wohnhäuser.
Am Nachmittag probiere ich im Kreuzfahrerterminal mal aus, ob des Skypen (Videotelefonie über das Internet) funktioniert. Die Verbindung nach Wächtersbach/Germany klappt erstaunlich gut.
Am späten Nachmittag kommt es im Fitnessraum zu einem kleinen Eklat. Ein junger Mann reinigt und desinfiziert nach der Benutzung die Sportgeräte nicht, obwohl das erstens allgemein in jedem Sportstudio weltweit üblich ist und zweitens speziell hier auf dem Schiff per gut sichtbarem Aushang von jedem Nutzer verlangt wird. Darauf angesprochen, wird der junge Mann ausgesprochen pampig, reinigt aber dann widerwillig die benutzen Geräte. Es stellt sich später heraus, das besagter junger Mann ein Gast des Kapitäns sei, die Kreuzfahrtdirektorin aber trotzdem von ihm die Einhaltung der Hygieneregeln einfordern wolle. Ob so geschehen, weiß ich natürlich nicht. Anscheinende sind Günstlinge des Kapitäns nicht gewohnt, Widerspruch zu erfahren.

Ostkanada ist eine regelrechte Hochburg in Sachen Lobster.

Ostkanada ist eine regelrechte Hochburg in Sachen Lobster.

Wozu die Kostüme? Und wohin gehen die Beiden? Wir haben es leider nicht herausbekommen.

Wozu die Kostüme? Und wohin gehen die Beiden? Wir haben es leider nicht herausbekommen.

32. Tag Sonntag  25.8.2013 –Cap-aux-Meules/Kanada

Das heutige Reiseziel, der Ort Cap-aux-Meules gehört zu der kleinen Inselgruppe. Îles-de-la-Madeleine. Wie man sowohl aus dem Orts- als auch Inselnamen unschwer erkennen kann, befinden wir uns wieder im französisch sprechenden Teil von Kanada, der Provinz Québec.
Wir starten unsere Ortsbesichtigung mit dem “Farmermarket“, der allerdings nur aus fünf Ständen mit magerem Angebot wie Cidre, gehäkelten Deckchen und etwas Spielzeug besteht. Die in der Nähe gelegene Anhöhe, die über eine hölzerne Treppe mit 200 Stufen zu besteigen wäre, betrachten wir uns lieber nur von unten. Über einen schön angelegten Spazierweg gelangt man rasch auf die roten Bundsandsteinklippen, die ein Plateau bilden, auf dem ein großer Teil des Ortes liegt. An einigen Stellen gibt es in den Klippen kleine Sandbuchten zu denen man über Trampelpfade hinabsteigen kann. Am Nachmittag werden wir an dem Bootsausflug “Rote Klippen“ teilnehmen und es beschleicht uns das Gefühl, dass wir dabei auch nicht mehr zu sehen bekommen, als das, was wir im Moment auch sehen, nur das Ganze vom Wasser aus. Aber diesen Ausflug mussten wir einfach buchen, den die Beschreibung des Selben ließ uns praktisch keine andere Wahl:
… Die roten Sandsteinklippen nehmen spektakuläre Formen an. Sie erinnern an Säulen, Girlanden, Türme, Schornsteine uvm. und bieten dem Betrachter konstante Abwechslung.
Zusätzlich wurde uns auch noch eine Demonstration des Lobsterfangs versprochen.
Am Nachmittag besteigen wir also das Ausflugsboot. Es ist überdacht und hat 5er Sitzreihen, blöd für die, die in der Mitte einer Sitzreihe sitzen und noch blöder für die, die auf der Seite sitzen, die während der Fahrt dem Meer zu- und dem Land abgewandt ist. Wir haben Glück und sitzen auf der richtigen Seite. Das Boot fährt uns auch schön nah an die roten Klippen ran und wenn man dann nach oben blickt sieht man  …………..die Schiffsüberdachung, aber keine Klippen. Die offenen Seitenteile des Bootes, wo man hinausschauen kann entsprechen in etwa der Fenstergröße eines ICE-Waggons..
Die Demonstration des Lobsterfangs kann ich nur bruchstückhaft wiedergeben, denn als der Fangkorb aus dem Wasser gefischt wurde und der kanadische Guide ein Tier herausnahm, gab es für die Fotografen kein Halten mehr. Sie stürmten nach vorne und die, die brav auf ihren Sitzen geblieben sind, sahen eher wenig vom Lobster. Das Fazit, dass wir ziehen können: Die Fahr war trotz alledem nett, mit entsprechenden Körperverrenkungen gelang es dann doch, auch die oberen Teile der Klippen zu sehen, es gab auch tatsächlich einige bizarre Formen zu bewundern, die eben dadurch entstanden sind, dass Wind und Meer den Stein nach und nach abtragen haben. Wir lernten, dass sich diese Erosionen jedes Jahr einen Meter in das Steilufer frisst, sodass Straßen und Häuser, die sich auf dem Plateau befinden, immer wieder abgerissen bzw. weiter ins Innere der Insel verlegt werden müssen. In der Vergangenheit gab es die Erosionen in diesem Ausmaß nicht und traten erst im Zuge der Klimaerwärmung auf. Durch die Klimaerwärmung gibt es vor der Küste nicht mehr so viele Eisberge, die ja aus Grönland kommend hierher getrieben werden. Die Eisberge schützen bzw. schützten jedoch die Küste vor den heftigen Winterstürmen und der damit verbundenen Brandung.

Blick auf die Bucht mit den Roten Klippen

Blick auf die Bucht mit den Roten Klippen

Die Konstruktion des Ausflugsbootes war für die Besichtigung von Steilklippen nicht undedingt Zuschauerfreundlich.

Die Konstruktion des Ausflugsbootes war für die Besichtigung von Steilklippen nicht undedingt Zuschauerfreundlich.

Gefährliche Sache. Der Wind greift nur den Stein an, nicht aber die Grasnarbe.  Wehe dem, der sich auf dem Plateau zu weit nach vorne wagt.  Es hat schon viele Unfälle gegeben.

Gefährliche Sache. Der Wind greift nur den Stein an, nicht aber die Grasnarbe.
Wehe dem, der sich auf dem Plateau zu weit nach vorne wagt.
Es hat schon viele Unfälle gegeben.

Wer ganz außen im Boot saß, konnte durchaus auch mal ein Foto ohne Schiffsdach schießen.

Wer ganz außen im Boot saß, konnte durchaus auch mal ein Foto ohne Schiffsdach schießen.

33. Tag Montag  26.8.2013 –Corner Brook/Kanada

Die 20.000 Einwohner zählende Stadt Corner Brook liegt an der Westküste der Insel Neufundland an der Mündung des Flusses Humber. Die Pier liegt relativ nahe der übersichtlichen Downtown. In Hafennähe befindet sich die Papierfabrik “Pulp and Paper Mill“, einer der größten Arbeitgeber der Region. Wir erkunden den Ort, besuchen Kirche und Heimatmuseum. Des Weiteren können wir im großen örtlichen Supermarkt an der Fischtheke lebende Hummer, Langusten und Lobster betrachten, besser als beim Ausflug “Rote Klippen“.

Die Kirche besteht vollständig aus Holz, innen wie außen.

Die Kirche besteht vollständig aus Holz, innen wie außen.

Im Heimatmuseum wurden fehlende Exponate einfach durch Plüpschtiere ersetzt.

Im Heimatmuseum wurden fehlende Exponate einfach durch Plüpschtiere ersetzt.

Blick auf die Bucht von Corner Brook.

Blick auf die Bucht von Corner Brook.

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Das Holzlager der Pulp and Paper Mill

34. Tag Dienstag  27.8.2013 –Sydney/Kanada

Um 9:00 Uhr fällt der Anker. Wir liegen vor dem Hafen in Sidney. Keine Angst, der Kapitän hat sich nicht verfahren und ist versehentlich in Australien gelandet. “Unser“ Sidney liegt im Norden der Halbinsel Nova Scotia (Neuschottland). Nova Scotia ist lediglich über einen kleinen Zipfel mit dem Festland verbunden, also beinahe eine richtige Insel und ist Namensgeber und Begrenzung der gleichnamigen Provinz.
Wir liegen nicht an der Pier, weil diese für das Kreuzfahrtschiff Veendam (1400 Passagiere) von der Holland-Amerika Linie reserviert ist. Dieser Dampfer fährt dann auch stolz an uns vorbei und macht direkt an der Kaimauer fest. Wir müssen tendern. Im Hafenterminal herrscht reges Gewusel, die 1400 Passagiere der Veendam bilden dabei eine qualifizierte Mehrheit.
Sydney unterscheidet sich nicht wirklich von den Städten und Städtchen, die wir in den letzten Tagen besucht haben. Es macht uns aber immer wieder Spaß, die Ortschaften auf eigene Faust zu erkunden. Zurück zum Anlegeplatz unseres Tenders spazieren wir über den Boardwalk, einer hölzernen Uferpromenade, links das Meer, rechts Grünanlagen und Parks und oben die Sonne. So kann man es gut aushalten

Da wir schon länger keine Seetage mehr hatten und auch in den nächsten Tage keine in Sicht sind, konnte und kann kein Frühschoppen auf dem Schiff stattfinden. Dieses Dilemma hat die Kreuzfahrtleitung aber genial gelöst. Heute Abend ist Flower Power Party mit Freibier und Gulaschsuppe. Allerdings trifft mich dieser Event dann doch etwas unerwartet, denn mein entsprechendes Kostüm als Hippie liegt zu Hause in der Karnevalskiste. Ich gehe also unverkleidet hin und bekomme trotzdem genügend Freibier. Die Musik (Halbplayback) ist im Übrigen recht gut und passend, sodass die gute alte Zeit noch einmal aufleben kann.

Die gigantische Fiddle im Hafen von Sydney

Die gigantische Fiddle im Hafen von Sydney

Der bunte Cadillac und sein stolzer Besitzer (Mann mit Baseballkappe)

Der bunte Cadillac und sein stolzer Besitzer (Mann mit Baseballkappe)

Der Boardwalk, die hölzerne Uferpromenade.

Der Boardwalk, die hölzerne Uferpromenade.

35. Tag Mittwoch  28.8.2013 –Halifax/Kanada

Um 9:00 machen wir an der historischen Pier 21 in Halifax (370.000 Einwohner), der Hauptstadt der Provinz Nova Scotia fest. Hier landeten bis Ende der 1950er Jahre die Einwanderer.
Vom Terminal aus startet ein längerer Boardwalk, zu Erinnerung und für neu hinzugekommene Leser, das ist eine hölzerne Uferpromenade, wie wir sie ja schon gestern in Sydney gesehen haben. Wir marschieren also auf besagten Boardwalk. Natürlich ist auch hier vieles sehr touristisch, aber dennoch ansprechend und stilvoll gestaltet. Ladengalerien und Passagen mit viel Holz rustikal und dennoch elegant, Kinderspielplätze, Anleger für verschiedenste Ausflüge per Boot, Kunst, Denkmäler, Skulpturen, Parkanlagen, Imbissbuden und vornehmen Restaurants. Wir brauchen gut zwei Stunden bis wir das Ende des Boardwalks erreichen, weil wir überall stehen bleiben und Maulaffen feil halten müssen. Wir dringen nun zwei oder drei Häuserblocks tiefer in die City ein. Eingerahmt von Hochhausschluchten bewegen uns wieder Richtung Anlegestelle Es zieht uns jedoch bald wieder zum Boardwalk zurück, das erscheint uns lohnender und schöner. So erreichen wir wieder das Terminal an der Pier 21. Dort verzehren wir jeder noch einen zünftigen und sogar schmackhaften Hotdog, bevor es wieder zurück an Bord geht.

Ohne Worte.

Ohne Worte.

Der Hinweis vor einer Skulptur, dass man diese doch nicht besteigen möge, ...

Der Hinweis vor einer Skulptur, dass man diese doch nicht besteigen möge, …

... wird von Groß und Klein ...

… wird von Groß und Klein …

... nicht beachtet.

… nicht beachtet.

Schweinespeck mit Schokoladenüberzug (3$) - Mahlzeit!

Schweinespeck mit Schokoladenüberzug (3$) – Mahlzeit!

Der Boardwalk von Halifax.

Der Boardwalk von Halifax.

36. Tag Donnerstag  29.8.2013 –Saint John/Kanada

Saint John ist die größte Stadt der kanadischen Provinz New Brunswick (Neubraunschweig). Was hat dieser Teil Kanadas mit Braunschweig zu tun? Direkt erst einmal gar nichts. Kanada wurde 1534 französische Kolonie (natürlich ohne die Ureinwohner zu fragen, ob sie damit einverstanden wären) und wurde Akadien genannt. Die Engländer machten durch mehrere Kriege bis zum Jahr 1763 immer mehr Gebiete Akadiens britisch. 1784 wurde New Brunswick als eigene britische Kolonie gegründet, wobei sich der Name über den englischen König Georg III. Wilhelm Friedrich ableitet, der auch gleichzeitig Herzog von Braunschweig-Lüneburg war. Der europäische Adel war ja kreuz und quer miteinander verwandt und verschwägert. Braunschweiger selbst besiedelten die Kolonie nicht.
Um 13:00 Uhr legen wir an der Pier von Saint John an. Im Kreuzfahrerterminal erhält jede Dame eine Rose, deren unterer Teil des Stiels in einem kleinen mit Wasser gefüllten Glasröhrchen sitzt. Das ist zwar lieb gemeint, aber äußerst unpraktisch durch die Stadt zu marschieren mit einer langstieligen Rose in der Hand.
Zurzeit findet ein Bikertreffen in der Stadt statt. Viele Motorradfahrer sind allerdings nicht zu sehen, da sie gerade auf einer Rallye in der Gegend unterwegs sind. Auf dem Marktplatz ist diesbezüglich jedoch einiges los. Auf einer Bühne spielt eine Band guten alten Rock und an einem Infostand ergattern wir zwei Fähnchen mit dem Veranstaltungs-Logo. Die Fähnchen sind zwar kostenlos, aber nachdem wir uns sehr nett mit den beiden Damen (selbst begeisterte Bikerinnen) am Stand unterhalten haben, bietet man uns einen Pin für drei Dollar an – nein sagen geht da irgendwie nicht.
In einer Markthalle kaufen wir noch einen aus Holz gedrechselten Kugelschreiber und kommen mit dem Drechsler ins Gespräch. Auch einige Betreiber an den anderen Ständen sprechen uns an und man kommt ans Reden. Wenn man nichts kauft, sind sie aber auch nicht böse oder verschnupft. Die Neu-Braunschweiger scheinen ein kontakt- und gesprächsfreudiges Völkchen zu sein. Um 17:30 müssen wir wieder auf dem Schiff sein und um 18:30 Uhr legen wir mit einer halbstündigen Verspätung ab.
Am Abend kommt Wind auf und das Schiff schaukelt.

Leider habe ich diese Prachtexemplare mit der Kamera nicht von vorne erwischt.

Leider habe ich diese Prachtexemplare mit der Kamera nicht von vorne erwischt.

Kleine Rast hinter dem Marktplatz.

Kleine Rast hinter dem Marktplatz.

37. Tag Freitag  30.8.2013 –Auf See

Auch heute schaukelt es noch den ganzen Tag. Das sorgt dafür, dass es beim Frühstück in Restaurants mehr freie Plätze gibt als sonst und der Verbrauch von Zwieback signifikant in die Höhe schnellt. Uns geht es aber gut.
Um 12 Uhr mittags werden die Schiffsuhren um eine Stunde vorgestellt. Das ist für uns absolut neu, dass eine Zeitumstellung tagsüber vollzogen wird. Auf der Fahrt nach Grönlandland und Montreal wurden die Uhren jeweils in der Nacht zurückgestellt, bis wir sechs Stunden Zeitunterschied zu Deutschland hatten. Jetzt werden die Uhren nach und nach wieder vorgestellt. Das am Tag zu machen ist eigentlich ganz geschickt (aus Sicht des Reiseveranstalters), denn dadurch verkürzt sich die Servicezeit in den Restaurant zum Mittagessen um eine halbe Stunde. Normalerweise gibt es von 12 – 14 Uhr etwas zu essen, also 2 Stunden. Heute ist Essenszeit von 12 -14:30 Uhr, klingt nach mehr ist aber weniger. Rechnen Sie selbst nach.

Im Laufe des Nachmittags wird bekannt gegeben, dass wir wegen der Wetterlage unser nächstes Ziel, St. Pierre nicht wie geplant morgen um 9:00 Uhr erreichen werden, sondern erst um 13:00 Uhr. Wir wundern uns etwas darüber, weil das Schiff wie immer zwischen 14 und 15 Knoten fährt. Die aktuelle Geschwindigkeit wird ständig auf Kanal 1 im Bordfernsehen angezeigt.
Wir rechnen nach:

  • – Die Strecke Saint John – St. Pierre beträgt 623 Seemeilen
  • Die geplante Reisezeit: 29.08.2013 18:00 Uhr – 31.08 2013 9:00, das sind 38 Stunden (nicht 39, man muss nämlich dabei auch die Zeitumstellung berücksichtigen).
  • Für Anlege und Ablegemanöver muss man noch einmal mindestens je eine ½ Stunde kalkulieren, sodass die reine Fahrzeit 37 Stunden betragen würde.
  • Dadurch errechnet sich die notwendige Durchschnittsgeschwindigkeit:
    623 Seemeilen : 37 Stunden =  16,84 Knoten

16,8 Knoten, so schnell ist der Dampfer auf der ganzen Reise noch nie gefahren, die Experten haben einfach nur falsch kalkuliert und außerdem keinerlei Reserve für Gegenwind, Gegenströmung, verspätete Abfahrt oder Warten auf das Lotsenboot geplant.

38. Tag Samstag 31.8.2013 –St. Pierre et Miquelon

Die ehemalige französische Kolonie Kanada wurde von den Engländern erobert. Die gesamte Kolonie? Nein, ein kleines aufrechtes Inselgrüppchen, dass sich wenige Seemeilen südlich von Neufundland befindet, gehört nach wie vor zu Frankreich – Saint-Pierre et Miquelon, eine sogenannte französische Gebietskörperschaft (collectivité d’outre-mer). Hier bezahlt man mit dem Euro und spricht natürlich Französisch. Diese Gebietskörperschaft besteht aus 2 Gemeinden, nämlich Saint-Piere, mit knapp 6000 Einwohnern (Auf der Haupt- und einer kleinen Nachbarinsel) und aus Miquelon, das sich auf einer weitaus größeren benachbarten Insel weiter nördlich befindet, aber nur 600 Bewohner hat.

Am Morgen, es schaukelt übrigens immer noch, wird bekannt geben, dass wir jetzt erst um 14:00 Uhr ankommen werden. Wir werden zwar an einer Pier festmachen, das Städtchen liegt allerdings 3 Kilometer von der Anlegestelle entfernt. Man wird kann entweder in den Ort laufen oder sich von einem Tenderboot in den eigentlichen kleinen Hafen im Zentrum fahren lassen.
Um 14:00 Uhr machen wir fest und um 14:15 Uhr ist das Schiff von den Behörden freigegeben, das heißt man darf an Land. Die Abfahrtszeit wurde auf 18:30 Uhr verschoben. Sodass man für den Landgang in St. Pierre 14:15 Uhr – 18 Uhr Zeit hat, denn man muss immer eine halbe Stunde vor Abfahrt an Bord sein. Das scheint dennoch nicht viel.
Wir lassen uns tendern, denn der Fußweg sieht nicht sehr attraktiv oder interessant aus. An der Anlegestelle begrüßt man uns mit einem Getränk, das aussieht wie Pernot, das so schmeckt wie Pernot, aber keinen Alkohol enthält. Der hübsche Ort selbst ist sehr übersichtlich und verschlafen. Es sind kaum Leute auf der Straße, die Restaurant und Cafés sind geschlossen. Für eine Besichtigung des Ortes ist die kurze Liegedauer OK, für eine Inselrundfahr oder eine kleine Wanderung wäre die zur Verfügung stehende Zeit allerdings zu knapp.

Ruhiger Samstagnachmittag

Ruhiger Samstagnachmittag

Unten am Hafen.

Unten am Hafen.

39. Tag Sonntag 01.09.2013 –St. John‘s

St. John’s, hieß so nicht auch der Ort den wir bereits am Donnerstag, den 28.08.2013 besuchten? Natürlich nicht, am Donnerstag waren wir in Saint John (New Brunswick) und heute sind wir in St. John’s, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Neufundland and Labrador, die im Südosten der Insel Neufundland liegt. Um diese beiden Orte nicht zu verwechseln schreibt man im Neubraunschweiger Fall das “Saint“ immer aus und im Neufundland Fall wird es immer mit “St.“ abgekürzt. Man kann Saint John von St. John‘s natürlich auch noch am Apostroph und dem „s“ unterscheiden, aber diesen kleinen Unterschied übersieht man gerne.
Auch hier ist unsere Liegezeit sehr knapp, nämlich von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr (also spätestens 11:30 Uhr zurück an Bord), aber diesmal ist das so auch tatsächlich geplant. Wir liegen direkt im Zentrum der 100.000 Einwohner zählenden Gemeinde, und wir beginnen unseren Landgang gegen 9:00 Uhr. Noch im Hafengelände werden wir musikalisch von 2 jungen Leuten begrüßt, die traditionelle Musik machen, die stark vom Irish Folk beeinflusst ist. Dabei verwenden sie verschiedene Instrumente wie Gitarre, Fiddle, Knopfharmonika, und Flöte. Allerdings gibt es eine Attraktion, die den beidem Musikern vollkommen die Schau stiehlt, ein Neufundländer, ein großer schwarzer Hund mit dichten Fell, tapsigen Pfoten und einem Hundeblick zum Verlieben. Das tat Doris dann auch sofort, nämlich sich in diesen Kerl zu verlieben. Aber dann siegte doch die Vernunft über das Gefühl. Wenn man sich so einen Hund anschafft muss man:

  1. Ein passendes Wohnhaus um den Hund herumbauen
  2. Seinen gewohnten Tagesablauf dem Neufundländer anpassen
  3. Auf künftige Kreuzfahrten verzichten, da Tiere an Bord nicht erlaubt sind und so große schon gar nicht.

Also bleibt es bei einem Fotoshooting und einmal Streicheln.
In der Stadt geben wir unsere letzten fünf kanadischen Dollars aus, und schon ist es wieder Zeit zurück an Bord  zu gehen.
Wir laufen bei schönem Wetter und Sonnenschein pünktlich aus. Es bietet sich noch einmal ein herrliches Panorama. Auf dem Pooldeck werden Bratwürstchen gegrillt, so dass wir dort gleich zu Mittag essen. Sobald wir das offene Meer erreichen, frischt der Wind auf und wir verziehen uns nach innen. Vor uns liegen jetzt 4 Tage auf See und eine Strecke von 1760 Seemeilen (3260 Kilometer), die klassische Atlantiküberquerung

Der Hund war die Hauptperson, die Musiker (linker Bildrand oben) hatten einen schweren Stand.

Der Hund war die Hauptperson, die Musiker (linker Bildrand oben)
hatten einen schweren Stand.

Ein Prachtkerl.

Ein Prachtkerl.

Das Vergnügungsviertel - an einem Sonntag Vormittag ist es hier eher ruhig.

Das Vergnügungsviertel – an einem Sonntag Vormittag ist es hier eher ruhig.

St. John's ist eine Großstadt und doch nicht so grau.

St. John’s ist eine Großstadt und doch nicht so grau.

Ausfahrt aus der Bucht von St. John's - für die nächsten 4½ Tage das letzte Land.

Ausfahrt aus der Bucht von St. John’s – für die nächsten 4½ Tage das letzte Land.

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Zurück nach Europa

40. Tag Montag  02.09.2013 –Seetag

Fast keine besonderen Vorkommnisse, lediglich ein kleiner unbedeutender Zwischenfall an der Eisstation.
Wie meistens, wird das Mittagessen dadurch gekrönt, dass ich mir an der Eisstation ein oder zwei Bällchen Eis hole (meistens zwei), so auch heute. Als mir der “Eismann“ hinter der Theke das Schälchen mit dem Eis übergibt und ich mir die Flasche mit der Schokoladensoße greife, macht das Schiff auf einmal eine größere Schaukelbewegung. Ich schwanke und plötzlich stehe ich schräg, nur noch auf einem Bein. Ein Rudern mit den Armen zur Widererlangung des Gleichgewichts ist schlecht möglich, da ich in der linken Hand den Eisbecher halte (mit Sahne) und in der rechten Hand die offene Flasche mit der leckeren Schokosoße. So kann ich nur noch den Warnruf ausstoßen: “Achtung, ich falle gleich um“. (Timber, der Baum fällt, würde ein kanadischer Holzfäller rufen). Eine beherzte resolute Frau packt mich an den Schultern, schubst mich gegen die geplante Fallrichtung, und ich stehe wieder auf beiden Füßen und erlange das Gleichgewicht zurück. Jetzt kann ich mir endlich etwas von der Schokosoße über das Eis gießen und das Mittagessen ohne Sturmschaden beenden.

41. Tag Dienstag  0.09.2013 –Seetag

So, die Seetage lassen einem jetzt mal Zeit, die Eindrücke der letzten Ziele in sich sacken zu lassen. Insbesondere mit den kanadischen Städten, von denen man vor der Reise nichts oder fast nichts wusste, kommt man in der Erinnerung sehr leicht durcheinander. Montreal und Québec waren einem schon vorher ein Begriff, aber von den vielen anderen Orten, es waren 13 Stück, wenn ich mich nicht verzählt habe, hatte man vorher oft noch gar nichts gehört. Dieser Orte waren auch nicht irgendwie sensationell, aber dennoch hatte jeder etwas Besonderes, etwas charakteristisches. Oft waren es einfach nur die Lage am Meer oder im Fjord und die umgebende Waldlandschaft, in der ein Ort eingebettet war, was einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, wie zum Beispiel Gaspé. Oder es waren die kurzen, aber netten Kontakte mit den Einheimischen, wie z.B. in Saint John.
Eine Kreuzfahrt bedeutet immer nur eine Stippvisite der angelaufenen Häfen. Will man z.B. die Natur in Kanada richtig genießen, muss man mit dem Wohnmobil in entlegene Gebiete fahren oder sich eine Blockhütte an einem See mieten, also eine ganz andere Art des Urlaubs praktizieren.

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42. Tag Mittwoch  04.09.2013 –Seetag

Die Seetage sind eine prima Gelegenheit, die noch ausstehenden Berichte über die letzten Häfen zu schreiben, ich war doch arg im Verzug.
Doris nutzt diese “freien“ Tage anders, sie spielt bzw. lernt Bridge. Ich habe ganz am Anfang dieses Blogs (2. Tag Freitag, 26.07.2013 – Auf See), kurz über die Infostände geschrieben, die an diesem Vormittag in der “Info-Meile“ aufgebaut waren und an denen man sich über die Kurs- und Freizeitangebote auf dieser Kreuzfahrt informieren konnte. An einem dieser Stände wurde über das Kartenspiel Bridge informiert und Doris meldete sich für einen Bridgekurs an. Doris spielt gerne Doppelkopf und da kann ja das bisschen Bridge nicht so schwer sein. Ich rümpfte etwas die Nase, denn Bridge ist doch mehr etwas für schrullige ältere Damen, die beim Teetrinken den kleinen Finger abspreizen.
Susanne Neumann, eine Größe in der deutschen Bridge-Szene, wurde vom Reiseveranstalter für diese Reise als Bridgelehrerin engagiert. Schon nach den ersten Kursstunden konnte Doris mich überzeugen, dass Bridge ein sehr anspruchsvolles Spiel ist, mit sehr komplexen Regeln und es vom Niveau her durchaus mit Schach vergleichbar ist. Dennoch wird Bridge in der Mehrheit von Frauen gespielt. Das ist genauso ein Phänomen, wie die Tatsache, dass die Vorstände der großen DAX-Unternehmen weitgehend männlich sein müssen.
Ich selbst habe mich nicht für den Bridgekurs angemeldet, da ich meine Karriere als Kartenspieler als beendet ansehe und das kam so. Ich habe in meiner Jugend- und Studentenzeit viel Skat gespielt. Oft ging es dabei darum, dass der Verlierer einer Skatrunde die nächste Lage Bier bezahlen muss. Während so einer Skatrunde sagte ein Mitspieler einmal zu mir: „Mit Dir zu spielen, ist genauso gut wie Freibier.“ Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt.
Aber ich kann jetzt jedenfalls versuchen aus der Sicht eines (ehemaligen) Skatspielers und den Erzählungen von Doris die Grundidee des Bridge zu erläutern und die Unterschiede zu Skat herauszuarbeiten.
Beim Bridge wird nicht gesprochen. Das, so erzählte Doris, hatte eine Dame des Bridgekurses, die halt für ihr Leben gern erzählt und redet, sehr betroffen gemacht. Sie meinte aber hoffnungsvoll: „Aber ein wenig flüstern darf man doch?“. Und da es sich hier ja um einen Anfängerkurs handelt, sieht man das dann doch nicht so eng. Aber man stelle sich mal einen Skatspieler vor, der seinen Mitspieler nicht lauthals tadeln darf, weil dieser Depp statt der Kreuz Sieben das Herz Ass ausgespielt hat. So etwas ist beim Bridge verpönt. Apropos Kreuz, das heißt beim Bridge nämlich Treff und Herz heißt dort Coeur. Gespielt wird mit 52 Karten und 4 Leuten, wobei jeweils zwei zusammenspielen. Anders als beim Skat, stehen hier die Partner, die zusammen spielen fest. Wiederum ähnlich wie beim Skat das Reizen ist beim Bridge das Bieten. Jetzt stellt sich natürlich sofort die Frage , wie das Bieten von statten gehen soll, wenn man gar nicht sprechen darf. Beim Skat reizen sich (oft im wahrsten Sinne des Wortes) jeweils zwei der drei Spieler lautstark – „18“, „20“, „zwo“, „drei“, „passe“. Beim Bridge ist es so, dass jeder Spieler eine sogenannte Bietbox vor sich hat, in der sich kleine Kärtchen befinden. Durch Hinlegen bestimmter Kärtchen auf den Tisch legt jeder Spieler fest:

  • welche Seite wie viele Stiche machen muss
  • ob es Trumpf gibt und wenn ja, welche Farbe Trumpf ist

Dieses Reizen bzw. Bieten kann über mehrere Runden gehen, es gibt noch Kontra und Gegenkontra, aber das habe ich schon alles nicht mehr verstanden. Entscheidend ist die Menge der Stiche, nicht die Höhe der Karten, die einen Stich beinhalten. Ein gewonnener Stich mit vier Zweien ist gleichwertig mit einem gewonnen Stich von vier Assen.
Alle weiteren Regeln (da gibt es sehr viele) und Prinzipien dieses Spiel erschließen sich mir als einfachen Skatbruder nicht. Es heißt auch, dass es sehr lange dauert, bis man das Spiel einigermaßen beherrscht. Um diese höheren Weihen des Bridgespiels zu erlangen, gibt es in jeder Kursstunde schriftliche Hausaufgaben auf, die es in sich haben und Doris damit sehr beschäftigt ist, während ich diesen Bericht hier schreibe.

Am Bridge Info-Stand: (v.l.n.r) DOris, der Bridge-Azubi; Susanne Neumann, Kursleiterin Bridge; Awai, Kursleiter für Tai Chi und Qigong - kam zwecks Foto spontan vom Stand nebenan hinzu.

Am Bridge Info-Stand: (v.l.n.r) DOris, der Bridge-Azubi; Susanne Neumann, Kursleiterin Bridge; Awai, Kursleiter für Tai Chi und Qigong – kam zwecks Foto spontan vom Stand nebenan hinzu.

So sieht eine Bietbox aus. (Bildquelle: Wikipedia)

So sieht eine Bietbox aus. (Bildquelle: Wikipedia)

4 Bridge-Eleven

4 Bridge-Eleven

43. Tag Donnerstag  05.09.2013 –Seetag

Heute ist wieder Frühschoppen, wie gewohnt mit Spanferkel, Leberkäse, Weißwurst und Käsekrainer, er geht diesmal nahtlos bis zum Mittagessen um 12:00 Uhr. Außerdem wird mal wieder die Uhr um 12:00 Uhr auf 13:00 Uhr vorgestellt. Das hat den Vorteil, dass die Zeit bis zum Kaffeetrinken um 15:30 Uhr nicht so lange wird.

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Endspurt – von Großbritannien zurück nach Bremerhaven

44. Tag Freitag  06.09.2013 –Cobh/Irland

Der Kapitän hatte die letzten Tage Gas gegeben und wir hatten Rückenwind, so kommen wir drei Stunden früher als geplant in Cobh an. Der knapp 7000 Einwohner zählende Ort Cobh liegt in einem Meeresarm (einem sogenannten Firth) im Südosten von Irland. Cobh ist praktisch das Tor zu Cork, der zweitgrößten irischen Stadt nach Dublin.
Gegen 10:00 Uhr verlassen wir das Schiff. Unser erstes Ziel ist die St.-Colman-Kathedrale (St. Colman’s Cathedral). Da sich der Ort auf steilen felsigen Untergrund befindet, ist eine steile Straße zu bewältigen und sind viele Treppenstufen zu ersteigen, um zur großen und eindrucksvollen Kathedrale zu erlangen. Vom Baustil erinnert sie an das ausgehende Mittelalter, umso erstaunter sind wir, als wir auf einer Tafel lesen, dass sie der Bau Ende des 19. Jahrhundert begonnen wurde und 40 Jahre später, Anfang des 20.Jahrhunderts, fertig gestellt wurde. Das war in einer Zeit, als 6 Millionen Iren wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten nach Amerika immigrierten.
Wir spazieren weiter durch die Straßen. Es fallen zwei Dinge ins Auge, einmal die Titanic, die in Modellen, Postkarten, auf Kaffeetassen allgegenwertig ist. Und es gibt ein  Museum, das alleine dem Thema Titanic gewidmet ist. Zum anderen sind die Autos und auch die Straße mit rot-weiß-karierten Fähnchen geschmückt. Dass die Titanic hier allgegenwärtig ist, liegt daran, dass der 1912 gesunkenen Luxusliner auf seiner Jungfernfahrt von Southampton nach New York in Cobh noch einmal auf Reede lag, um noch einige Passagiere aufzunehmen.
Die Fähnchen, so bekommen wir durch Befragung von Passanten heraus, weißen auf ein irisches Großereignis hin, dem All-Ireland-Finale im Hurling am kommenden Sonntag, wobei die Mannschaft von Cork einer der Finalisten ist. Wer der andere Finalteilnehmer ist, wissen wir nicht, denn die Iren sprechen teilweise einen Dialekt, der mit unserem Schulenglisch sehr wenig zu tun hat.
Hurling  ist ein Mannschaftssport keltischen Ursprungs, der mit Stöcken und einem Ball gespielt wird. Es wird hauptsächlich in Irland gespielt und ist eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt. (Quelle Wikipedia)
In Dublin findet  heute das Qualifikationsspiel Irland gegen Schweden zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 statt. Davon merkt man hier aber nichts. Lediglich ein freundlicher Ire macht uns darauf aufmerksam, dass unsere blau-gelben Jacken doch sehr an die schwedischen Farben erinnern und wir heute Abend so lieber nicht in einen Pub gehen sollten..
Jetzt machen wir erst einmal eine Kaffeepause im Hotel Commodore, hier gibt es nämlich kostenloses WLAN, wenn man etwas verzehrt. Ein großer Becher guter Kaffee ist mit 1,90 Euro (hurra, wir sind wieder in der Eurozone) sehr preiswert. Hier kann ich in Ruhe meinen Blog aktualisieren.
Um 18:00 Uhr heißt es wieder: „Leinen los“ zu unserem letzten Ziel, bevor wir endgültig wieder nach Hause müssen.

Wir nähern uns dem Anleger von Cobh. St. Colman's Cathedral beherrscht das Stadtbild.

Wir nähern uns dem Anleger von Cobh.
St. Colman’s Cathedral beherrscht das Stadtbild.

Die Titanic-Katastrophe wird noch heute in vielen Souvenirläden und Gastronomischen Betrieben kommerzialisiert. ---------------------

Die Titanic-Katastrophe wird noch heute in vielen Souvenirläden und Gastronomischen Betrieben kommerzialisiert.
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Irland, die grüne Insel.

Irland, die grüne Insel.

45. Tag Samstag  07.09.2013 –Plymouth/England

Nach dem Frühstück nähern wir uns dem Hafen von Plymouth in England.  Wir beobachten auf dem Außendeck vorne am Bug das Anlegemanöver. Wie immer werden vorne vom Ankerdeck Leinen an Land geworfen. An diesen Leinen werden dann die dicken Taue befestigt die man dann ins Wasser gleiten lässt. So können die schweren Taue dann von Hafenarbeitern an Land gezogen und an den Pollern festgemacht werden. Das gleiche Manöver findet auch hinten am Heck statt.
Plötzlich fängt Kapitän Emmanuil Psarrakis, ein Grieche, der von seiner Außenbrücke die Aktivitäten auf dem Ankerdeck beobachtet, furchtbar das Brüllen an. Er beschimpft die Leute von der Crew, die auf dem Ankerdeck mit den Tauen hantieren aufs heftigste. Dann versucht er sich zu beruhigen, atmet mehrmals tief durch und fängt wieder laut an, seine Leute zusammen zu stauchen. Das geht so gut 15 Minuten. Ruhe – Anschiss –Ruhe –Anschiss. Der Kapitän hat vollständig die Fassung verloren. Was war geschehen? Eines der Taue, das an so einer Zugleine hing, wurde zu früh ins Wasser gelassen, der Bugstrahler war noch am Laufen und das Tau hat sich darin verwickelt. Das ist natürlich eine schlimme Sache, die sogar die pünktliche Rückkehr nach Bremerhaven verhindern kann. Was mich aber sehr nachdenklich stimmt, ist die Reaktion des Kapitäns. Ein Kapitän sollte stets und besonders in kritischen Situationen die Ruhe bewahren. In einer kritischen, vielleicht sogar einer gefährlichen Situation auf See braucht man einen besonnenen Kommandanten und kein HB-Männchen. Sicher sollen die Matrosen, die den Fehler gemacht haben, ihren Anschiss bekommen, insbesondere deshalb, weil sie den Fehler, das Tau zu früh ins Wasser zu lassen, schon einmal gemacht haben, wie man aus dem Gebrüll des Kapitäns entnehmen konnte, aber so etwas macht ein guter Chef nicht vor Publikum, sondern später im stillen Kammerlein. Hätte der Kapitän nicht so ein Spektakel veranstaltet, hätten weder wir noch die anderen Passagiere überhaupt mitbekommen, dass es ein Problem gibt.
Trotz des Problems mit dem Tau kann das Schiff am Anleger festmachen. Wir machen uns also auf erst einmal auf den Weg durch das Hafengebäude zum Shuttlebus, der uns die City bringt. Zum ersten Mal bei einem Landgang regnet es, aber schließlich sind wir auch in England, da gehört das wohl dazu. Aber nach einer knappen halben Stunde ist der Spuk schon wieder vorbei und sogar die Sonne lässt sich ab und zu mal blicken.
Von der City mit den vielen Kaufhäusern spazieren wir durch die historische Altstadt, Barbican und von dort zum alten Hafen. Von hier startete im Jahre 1620 die berühmte Mayflower mit den Pilgrim Fathers an Bord nach Amerika. Heute fahren von hier die verschiedensten Ausflugsschiffe ab. Der Fähr- und Kreuzfahrthafen befindet sich wenige Kilometer weiter westlich. Und dorthin müssen wir auch irgendwann wieder zurück, denn dort liegt ja auch die MS Astor. Nachdem wir die Hafengegend ausführlich erkundet und auch die Gedenktafel über die Mayflower gelesen haben, machen  wir uns zu Fuß auf den Weg zurück zum Schiff. Wir kommen an dem  geschichtsträchtigen Park, „The Hoe“ vorbei. Hier soll Sir Francis Drake im Jahr 1588, bevor er die bereits angreifende spanische Armada schlug, erst noch in Ruhe sein Bowlingspiel beendet haben.
Zurück am Anlegeplatz, schauen wir erst mal nach, was es Neues in Sachen verheddertes Tau gibt. Der Kapitän und 2 Offiziere der Pier vorne beim Schiff. Im Wasser am Bug dümpelt ein Schlauchboot, in dem ein Taucher mit Neoprenanzug und Sauerstoffflasche und  2 weitere Männer sitzen, die sich mit dem Kapitän an der Pier beratschlagen. So kommt es, dass der Kapitän uns erst mal gar nicht bemerkt, wie wir hinter ihm stehen und lange Hälse machen. Als er uns schließlich entdeckt, blafft er uns an: „No photos, please!“, wobei das “please“ nicht wie eine Bitte sondern wie ein Befehl klingt. Obwohl selbst ein Kapitän mir als Nicht-Crew-Mitglied an Land überhaupt nichts zu befehlen, anzuordnen oder zu verbieten hat, bin ich von seiner Art so eingeschüchtert, dass ich (erst einmal) keine Fotos machen und diesem unangenehmen Menschen aus dem Weg gehe. Vom Deck aus mache ich natürlich dann doch Fotos. Mit einer Säge gelingt es dem Taucher schließlich die Verknotung zu lösen. Das Tau ist jetzt zwar ein ganzes Stück kürzer, aber dafür können wir pünktlich den Hafen von Plymouth verlassen.

Der Kapitän auf der Brücke - kurz bevor er explodiert.

Der Kapitän auf der Brücke – kurz bevor er explodiert.

Trotz des Verbots - hier ein Foto vom Versuch das Tau wieder frei zu bekommen

Trotz des Verbots – hier ein Foto vom Versuch das Tau wieder frei zu bekommen

Bäderarchitektur in Plymouth.

Bäderarchitektur in Plymouth.

Das felsige Hafengebiet. Im Hintergrund beginnt schon das typische Rosamunde Pilcher Land.

Das felsige Hafengebiet. Im Hintergrund beginnt schon das typische Rosamunde Pilcher Land.

Wären die Barren echt, würde das für die nächsten Kreuzfahrten sicher genügen.

Wären die Barren echt, würde das für die nächsten Kreuzfahrten sicher genügen.

46. Tag Sonntag  02.09.2013 –Seetag

Wie immer drehe ich am Morgen vor dem Frühstück erst noch eine Runde auf dem Deck. Wir fahren gerade durch den Ärmelkanal. Links liegen die Kreidefelsen von Dover und rechts, auf der Festlandseite liegt Belgien und es herrscht yreger Schiffsverkehr.
Tagsüber ist Kofferpacken angesagt. Die Koffer sollen dann zwischen 21 und 1 Uhr auf den Gang gestellt werden. In dieser Zeit werden sie dann eingesammelt und am nächsten Morgen nach dem Anlegen per Kran an Land gebracht.
Am Abend steht noch einmal ein Galadinner an. Anschließend will sich der Kapitän in der großen Astor-Lounge von den Passagieren verabschieden. Die ja zu diesem Ereignis wieder der gute Zwirn gefordert ist, kann dieser noch gar nicht in den Koffer eingepackt werden, wenn man an der Gala teilnehmen will, was viele Leute vor ein echtes logistisches Problem stellt. Doris und ich wollen wie immer sowieso nicht teilnehmen. Und außerdem ist der Kapitän ja unser Freund nicht mehr und da gehen wir erst recht nicht hin, das hat er nun davon.

47. Tag Montag  02.09.2013 –Bremerhaven/Deutschland

Wir kommen relativ pünktlich um in Bremerhaven an. Wir werden mit der Bahn nach Hause fahren, denn wir wollen uns eine Deutschlandtournee per Bus, wie auf der Hinfahrt nicht antun. Unsere beiden großen und schweren Koffer werden von einem Gepäckservice befördert, sodass wir mit leichtem Gepäck reisen können.
Per Bus geht es zum Bahnhof nach Bremerhaven und von dort per Zug erst einmal nach Bremen. Da wir eine Fahrkarte mit Zugbindung ab Bremen haben, haben wir erst mal gut 3 Stunden Zeit, bis der gebuchte Zug abfährt. Diese Zeit nutzen wir für einen Stadtbummel. Allerdings regnet es sehr heftig, sodass wir, als wir bei den Bremer Stadtmusikanten am Marktplatz angekommen sind, uns lieber ein trockenes Plätzchen suchen und in Ruhe eine Bratwurst verzehren und das Sightseeing unverzüglich einstellen.
Die Heimfahrt ist problemlos und wir sind gegen 19:00 Uhr wieder zu Hause.

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Resümee und Kritik

Es war eine phantastische Reise auf einem sehr schönen Schiff. Der Bordalltag und die vielen Häfen, das ist eine Mischung und eine Art zu reisen, von der wir nicht genug bekommen können. Wir haben die 6 Wochen sehr genossen.

Aber es gab einige Missstände, die ich ganz bewusst hier im Blog, also öffentlich, zur Sprache bringe.
Das Essen war in unseren Augen (bzw. Gaumen) grottenschlecht. Zwar gab es auch einige Stimmen, die das Essen gelobt haben, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und ein paar Austern und Hummer heben den Gesamteindruck wesentlich an. Vielleicht war das Essen in den Restaurants, wo an den Tischen bedient wurde, besser als im Buffetrestaurant,  wo man sich die Speisen am Büffet selbst geholt hat. Aber so richtig glauben kann ich das nicht.
Im Buffet-Restaurant  waren in der Regel die Speisen nie richtig warm und der Geschmack hat oft an Schonkost erinnert. Es gab viel Geschnetzeltes, Haschee, Frikassee Gewürfeltes und, Gehacktes. Der Anteil an Hühnerfleisch war sowohl in zerkleinerter Form, als auch bei den Gerichten mit größeren Fleischstücken immer überproportional vertreten. Gegen Restverwertung in Form von Fleisch- oder Geflügelsalat ist eigentlich nichts einzuwenden. Aber Bratwurstsalat ist schon sehr gewöhnungsbedürftig und schmeckt beim besten Willen nicht.
Aber wir kamen trotzdem gut über die Runden, weil bei der Auswahl dann doch immer mal etwas dabei war, was halbwegs vernünftig geschmeckt hat, oder man sich einfach nur ein Brot mit Wurst, Schinken oder Käse gemacht hat. Die schlechte Küche hat uns die Reise keineswegs verdorben, aber durch die schlechte Qualität stimmte das Preis- Leistungsverhältnis nicht mehr so ganz.
Das schlechte Essen war eigentlich nur die Spitze des Eisbergs. Unter der “Decke“ des Schiffs hat es richtig gebrodelt, was der Passagier eigentlich nicht merken sollte. Aber es ließ sich nicht ganz verbergen. Um das zu erklären, muss ich kurz ein wenig ausholen. An der Durchführung an einer Kreuzfahrt sind mehrere Firmen beteiligt. Da ist erst einmal der Eigentümer des Schiffs, dann der Vertrieb, der die Reisen verkauft und organisiert, das war in unserem Fall Transocean. Dann gibt es eine Reederei, die das Schiff betreibt, also die Crew zusammenstellt und bezahlt, vom Kapitän bis zu den Matrosen. Des Weiteren wird Hotelbereich, zu dem die Restaurants und Bars, die Kabinen und das gesamte sogenannte Housekeeping gehören, von einer Catering-Firma betrieben. Jetzt war es so, dass Transocean im letzten Jahr pleite war und sich irgendwie neu gegründet hat und dabei den Firmensitz von Bremen nach Hannover verlegt hat. Da insbesondere im Winter die Geschäfte nicht gut gelaufen sind, hat man die geschäftlichen Schwerpunkte für die Winterhalbjahre auf den australischen Markt verlegt und kooperiert deshalb in dieser Zeit mit einem ausländischen Reiseveranstalter. In diesem Zusammenhang wurde, um Geld zu sparen, eine neue Reederei und Catering-Firma mit dem Betrieb der MS Astor beauftragt, weil diese versprochen hatten, weniger Kosten zu verursachen. Das wiederum hatte zur Folge, dass in Frühjahr die Crew komplett ausgetauscht wurde. Aber wenn alle Crewmitglieder neu sind, können die Abläufe zwangsweise nicht optimal funktionieren.  Und zum Spätherbst wird die Crew und des Servicepersonals (Kellner, Zimmermädchen etc.) wieder entlassen und für Australien werden neue Leute angeheuert, um im Frühjahr dieses Spiel zu wiederholen. So etwas bringt mehr als Unruhe in die Teams und das spürt man. Wenn man alle halbe Jahre die Teams komplett austauscht, kann auch keine Kontinuität und Qualität in deren Arbeit kommen, es wird immer holprig sein – was sich bestimmt nicht positiv auf das Essen auswirkt..
Ob man sich mit diesem Konzept am Markt behaupten kann und ob die MS Astor in 2 Jahren noch fährt ist nicht sicher. Das äußerten uns gegenüber sogar Mitglieder der Crew und Leute von Transocean.
Ein weiteres Indiz, dass etwas nicht stimmt ist die Tatsache, dass es auf der MS Astor innerhalb der letzten 2 Jahre drei verschiedene Kreuzfahrtdirektorinnen bzw. Kreuzfahrtdirektoren gegeben hat. Auf anderen Schiffen ist die Kreuzfahrtdirektion eine feste und konstante Größe, d.h. die Person ist auf Jahre dieselbe. Die Kreuzfahrtdirektion ist nach dem Kapitän die höchste Instanz an Bord. Ein Kapitän hat 4 Streifen auf seiner Uniform, die Kreuzfahrtdirektorin 3½ Streifen. Allerdings schien die Weisungsbefugnis unserer Kreuzfahrtdirektorin, Frau Gabi Eidam, beschränkt gewesen zu sein. So hat sie uns z.B. fest zugesagt, dass sie dafür sorgt, dass in der Mittagszeit von 13 – 15 Uhr keine Proben auf der Bühne der Astor-Lounge stattfinden. Unsere Kabine lag nämlich genau unter dieser Bühne und insbesondere die Bässe, das Schlagzeug drangen ohne große Verluste durch die Decke in unsere Kabine, was bei einem Mittagschläfchen sehr hinderlich ist. Auch wenn das Ballett Sprünge übte, hatten wir in der Kabine viel Freude. Trotz der Zusage, dass während der Mittagspause Ruhe herrscht, wurde fleißig weitergeprobt. Darauf angesprochen, entgegnete uns die gute Kreuzfahrtdirektorin Frau Eidam wörtlich: „ Ich habe den Künstlern gesagt, dass sie von 13 -15 Uhr nicht proben sollen. Mehr kann ich auch nicht machen.“ Kompetenz und Befugnis sieht wahrlich anders aus!
Zurzeit würden wir auf der MS Astor keine Reise mehr buchen, da muss erst wieder Qualität, Kompetenz und Kontinuität an Bord zurückkehren, denn es wäre letztendlich Schade, wenn dieses schöne Schiff endgültig vom Markt verschwinden würde.
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3 Kommentare zu “Mit der MS Astor nach Schottland, Island, Grönland und Kanada

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